wo fahren wir hin, papa?

„Eltern von Kindern mit unbefristetem Schwerbehindertenausweis hatten lange Zeit Anspruch auf eine Steuerplakette fürs Auto. 1991 wurde sie jedoch abgeschafft, sodass es seitdem keinen Anreiz mehr gibt, behinderte Kinder zu bekommen.“

Bei so einer Fußnote auf den ersten Seiten eines Buches muss man natürlich schmunzeln. Jean-Louis Fournier, Vater zweier behinderter Kinder, hat ein Buch geschrieben, um sich alles Ungesagte von der Seele zu schreiben, vielleicht auch seine Schuldgefühle, wie er im Vorwort erklärt. Er schreibt für seine Söhne: „Damit ich euch sagen kann, wie sehr ich bedaure, dass wir nicht gemeinsam glücklich waren, und vielleicht auch, damit ihr mir verzeiht, dass ihr mir so missraten seid.“ Das Interessante an dem Buch ist, um das schon einmal vorneweg zu sagen, dass am Ende alles exakt auf diese Einleitung zurückfällt, ob beabsichtigt oder unfreiwillig.

Fournier versucht ganz offensichtlich, einen anderen Zugang zum Schreiben über seine behinderten Kinder zu bekommen, als üblicherweise erwartet. Seine Sätze möchten kein Mitleid, zynisch analysieren sie etwa den Umgang der Gesellschaft mit behinderten Kindern und deren Angehörigen: „Wer im Leben Pech gehabt hat, muss den Umständen entsprechend aussehen und ein betretenes Gesicht machen, das ist eine Frage des Anstands“, heißt es da etwa, oder: „Wer behinderte Kinder hat, muss sich obendrein noch allerhand dummes Zeug anhören.“

Lakonisch erzählt Fournier, aber fast ist es schon kein Erzählen, sondern ein Aufzählen, die kurzen Paragraphen fangen kleine Episoden ein, die für das Erleben des Vaters Fournier ebenso flüchtig wie unvergesslich sind. Zur Geburt bekam Sohn Thomas schöne Geschenke seines Patenonkels. „Als Thomas älter wurde und seine Behinderung zutage trat, bekam er nie wieder ein Geschenk von seinem Patenonkel.“ Fournier kann es dem Patenonkel nicht verübeln, schreibt er. „Er wird sich gedacht haben: ‚Die Natur hat ihm nichts geschenkt, warum sollte ich es also tun?'“ Kaum ein Satz in dem Buch, aus dem nicht dieser Zynismus tropft.

Natürlich kann das humorvoll sein, etwa wenn Fournier schreibt: „Mathieu sieht nie fern, ist auch nicht nötig, er hat’s auch so zum geistig Behinderten gebracht.“ Oder es kann, in typisch knapp formulierter Beobachtung, auch auf vieles mehr dahinter deuten: „Wenn ein Kind sich beim Essen mit Schokopudding beschmiert, lachen alle; wenn das Kind behindert ist, lacht keiner.“

Mich macht das das Buch aber auch ein bisschen traurig, nämlich an den Stellen, an denen die Kinder doch sehr herabgesetzt werden. Immer wieder heißt es zum Beispiel, sie hätten nur Stroh im Kopf. „Zwei verbeulte, sabbernde Knirpse, von denen der begabtere ständig wiederholt: ‚Wo fahren wir hin, Papa?'“ Das schießt teils über eine liebevolle Form des Zynismus hinaus. In vielen Schilderungen spiegelt sich wohl doch noch ein Rest dessen, was Fournier schon in der Einleitung schrieb: „Euch zu lieben war nicht leicht.“

Er schreibt: „Unser Familienalbum ist dünn wie eine Briefmarke. Wir haben nicht viele Fotos von den Kindern, weil es keinen Spaß macht, sie zu zeigen. Ein normales Kind fotografiert man bei jeder Gelegenheit, in jeder Haltung, aus jedem Winkel; man sieht, wie es seine erste Kerze ausbläst, die ersten Schritte macht, das erste Bad nimmt. Man betrachtet es voller Rührung. Verfolgt Schritt für Schritt seine Entwicklung. Den Verfall eines behinderten Kindes verfolgt man weniger gern.“

Das ist Fourniers bezeichnende Wahrnehmung: das Leben der Kinder als Verfall. Aus eben diesem Blickwinkel schreibt er in schon bald endlos erscheinenden Variationen all das auf, was er alles nicht mit seinen Kindern tun konnte (auf Berge steigen, Volleyball spielen, in Museen oder ins Kino gehen, Hochzeit feiern, Enkelkinder bekommen etc.) Immer wieder und wieder schleichen sich in den Zynismus diese larmoyanten Aufzählungen ein, was die Kinder alles nie konnten, welche Entwicklungen sie nie durchgemacht haben, was er nicht mit ihnen teilen konnte, und sei es auch als Positiv, als Aufzählung all dessen, was sie ihm erspart haben: er musste sich nie um Schulleistungen sorgen, um die berufliche Zukunft oder darum, dass sie eine blöde Schnepfe heiraten.

Irgendwann merkt man: Fournier denkt eigentlich nur an sich, und seine eigenen Erwartungshaltungen beäugt er nicht besonders selbstkritisch, erkennt sie letztlich nicht als falsch. Zynismus gegenüber dem eigenen Schicksal, Zynismus gegenüber der Gesellschaft und dem Leben in ihr mit behinderten Kindern, ja, aber darunter ist sein Schreiben leider überhaupt nicht so fundamental anders, im tieferen Grund ist es kaum mehr als die übliche, selbstmitleidige Jammerei eines Elternteils, das sich von seinen Kindern alles mögliche erhofft und nie bekommen hat. Gähn.

Kürzlich hat Jenny McCarthy in den USA einen Bestseller geschrieben: „Louder than words“, in dem sie von ihrem Leben mit ihrem autistischen Sohn berichtet. Das Buch kann man kaum lesen, so sehr trieft es vom Egoismus der Mutter, die partout ihre Erwartungen an ihr Kind erfüllt sehen möchte, und den Jungen darum von einer dubiosen Therapie zur nächsten zerrt. In dem Buch gibt es nur Jenny McCarthy, Jenny McCarthy und Jenny McCarthy. Von ihrem Sohn Evan hat man am Ende kein Bild, von seiner Persönlichkeit ahnt man nichts. So ist Fourniers Buch nicht, offensichtlich ist er viel klüger. Er beschreibt seine Kinder durchaus so, dass man das Gefühl hat, sie kennenzulernen. Er versucht sie auch nicht zu verändern. Aber er hat Schwierigkeiten, sie anzunehmen und so zu lieben, wie sie sind, das schreibt er und das merkt man auch. Mit ihnen zu leben kann er sich nicht vorstellen, sie lebten bald im Heim. Trotz allen schönen und auch lustigen Beobachtungen bleibt am Ende des Buches vor allem dieser Eindruck, der schon in der Einleitung vorkam: Fournier konnte mit seinen Kindern nicht glücklich sein.

Müssen die Kinder ihm, wie er in der Einleitung fragt, verzeihen, dass sie ihm so missraten sind? Vielleicht müssen sie ihm eher dafür verzeihen, dass er nicht sehen kann, dass sie nicht missraten sind. Auf Seite 6 heißt es: „Schon gut, ich höre auf zu jammern.“ Leider wird dieses Versprechen erst auf S. 156 eingelöst, mit dem Ende des Buches.

Ich frage mich, warum es Jenny McCarthy oder Jean-Louis Fournier so schwer fällt, über ihren eigenen Schatten zu springen. Auch wenn ich bei Fournier manches Mal gelacht habe, und gedacht: „Genau!“, und auch wenn ich manches ähnlich erlebt und empfunden habe wie Fournier, so kann ich mich mit seinem Buch grundsätzlich dann doch nicht identifizieren, ist doch etwas fundamental anders: ich hatte nie ein Problem damit, mein Kind so zu lieben, wie es ist. Diese Liebe ist mir nicht schwer gefallen, sondern sie war immer schon da, und wir sind gemeinsam glücklich. Der Ausgangspunkt ist zu anders, als dass ich dieses Buch rückhaltlos gut finden könnte.

Darum bei uns auch wahrlich kein Familienalbum dünn wie eine Briefmarke, und darum zu diesem Text mein aktuelles Lieblingsfoto, das so typisch ist für den Kandidaten, den wir hier am Start haben: wenn er nicht mehr laufen will, dann legt er sich halt auf die Straße, und horcht am Asphalt wie ein Indianer.

„Wir brauchten uns nicht den Kopf zu zerbrechen, was einmal aus euch werden würde, denn daran gab es schon bald keinen Zweifel mehr: nichts.“ So Fournier. Oder aber eben: alles. Das kann man so oder so sehen.

filed under uncensored. die iranische blogszene.

Veranstaltungshinweis und Empfehlung: am 6. Dezember lesen Ekkehard Knörer, Bov Bjerg und Parka Lewis aus iranischen Blogtexten:
„HAPPY REVOLUTION – views on iran. 30 years later.“
Lesung, Vortrag und Diskussion. Ab 17 Uhr im Ballhaus Naunynstraße, Eintritt frei.

„Längst bringt die Blogkultur Texte hervor, die über den bloßen Nachrichtenwert hinausgehen und ein eigenständiges literarisches Genre darstellen. Die drei Berliner Blogger Ekkehard Knörer, Bov Bjerg und Parka Lewis lesen aus iranischen Blogtexten. Dazu berichtet die Medienwissenschaftlerin Yalda Zarbakhch über Geschichte und die aktuelle Entwicklung der iranischen Blogosphäre. Anschließend laden wir zur Diskussionsrunde ein.“ [#]

power dynamics.

„So much of our lives are open and on display everyday for the general public to witness. Our kid’s challenges and our desire to be a part of the world surrounding us causes heads to turn and we knew we were not the only ones. This high visibility can be silencing.“ [#]

happy thanksgiving.

[Einen Tag verspätet, gestern war den ganzen Tag zu viel los, aber: John trug zur Feier des Tages natürlich sein Urlacher-Shirt (nicht, dass es dieses Jahr bei den Bears irgendetwas zu feiern gäbe, aber das ist eine andere Geschichte) und gegen Abend waren wir wenigstens noch im Prater Gans essen, bevor ich zum Treffen der Elterngruppe abdüste. Nachts dann noch „Home for the Holidays“ gesehen, den schönen Thanksgivingfilm.]

france, la belle.

Zurück aus Frankreich: eine Woche traumhafte Normandie und eine Woche schnuckeliges Elsass. Zwei ganz unterschiedliche Gesichter des Landes, und beide so ganz anders als der Süden, in den ich sonst meistens gereist bin. Hervorzuheben: das Glück mit dem Wetter. Vorher alle so: „In die Normandie im Herbst? Ob das so eine gute Idee ist?“ Judge for yourself: Fotos aus der Normandie.

Als ich 1992 mehrere Monate in Frankreich war, und dann wieder längere Zeit 1994, wurde viel über die Immigration gesprochen, über Burkas und den Islam, über die französische Identität. 2009 im französischen Fernsehen immer noch die gleichen Diskussionen, über die französische Identität, den zunehmenden Islam, über den verlorenen Nationalstolz. 17 Jahre, geändert haben sich nur die Protagonisten in den Diskussionsrunden. Ein Mann bemängelte, dass alle Länder stolz auf ihre Nationalität seien, nur die Franzosen hätten da einen Komplex: ein Franzose sage heute nicht mehr, dass er stolz darauf sei, Franzose zu sein. Viele Franzosen bemerkten ihre Identität erst, wenn sie längere Zeit im Ausland lebten. Viele wollten die Marseillaise nicht mehr singen. In der Talkrunde hätte man jedes „français“ durch ein „allemand“ ersetzen können und dann hätte es auch ins deutsche Fernsehen gepasst.

Ein weiteres Thema: die Rechtschreibung. In der Zeitung ein großer, ganzseitiger Artikel: „Que reste-t-il de l’orthographe?“ Das Internet-Bashing hat in Frankreich im Übrigen genauso Konjunktur wie in Deutschland. An der zunehmenden Verwahrlosung der Rechtschreibkompetenzen ist nämlich auch das Internet Schuld. 1992 gab es auch diese Diskussion zwar ebenfalls schon, aber man konnte noch keinen Schuldigen ausmachen. Das Internet eignet sich seither ja aber als universalschuldig.

Im Ferienhaus gab es im Bücherschrank nicht viel Interessantes, ich entschied mich für Balzacs „La peau de chagrin.“ Tja, die tödlichen Wünsche. Ein erstaunlich gutes Buch. (Erstaunlich für mich, weil ich bisher jetzt nicht gerade die große Balzac-Fanin war.)

In der Normandie wohnten wir an der Westküste der Cotentin-Halbinsel, zwischen Flamanville und La Hague: südlich von uns also das Atomkraftwerk von Flamanville und nördlich die Wiederaufbereitungsanlange der Castor-Transporte. Bemerkenswert, wie wenig sich die Franzosen daran stören, im Gegenteil, sie finden es gut, dass die Anlagen Arbeitsplätze in die strukturschwache Region bringen. (Und auf dem Grabstein steht geschrieben: „Er war bis an sein Lebensende vollzeitbeschäftigt.“)

Highlight der Reise war der Besuch der Alliiertenlandungsplätze des D-Day. Man hat darüber gelesen, man kennt die Szenen aus „Saving Private Ryan“, aber da zu stehen, und das alles selbst zu sehen, das ist dann eben doch etwas anderes. Was das für ein absolut unfassbarer Wahnsinn war. Wenn man die Bunker und Festungsanlagen sieht, kann man sich nicht vorstellen, wie man da vom Wasser aus auf dem Präsentierteller drauf zukommen kann. Die Klippen von Pointe du Hoc, wo die Bombenkrater und Festungswerke noch erhalten sind, Ste-Mère-Eglise, wo der Fallschirmspringer an der Kirche festhing und sich acht Stunden lang tot stellte, bis die Alliierten Einheiten ankamen. Utah Beach, Omaha Beach, der Kontrast auch zwischen der grausamen Geschichte und der heutigen Schönheit dieser ausgedehnten, sattgelben Sandstrände. Die furchtbaren Friedhöfe überall, zehntausende Gräber von einem Ort zum nächsten, und überall Denkmäler, Museen, Erklärungen. Der ganze Küstenstrich ist ein einziges, riesiges Mahnmal gegen den Krieg (siehe Fotos).

An einem Freitag Abend im ersten Programm TF1 kam eine sehr lange Sendung über Autismus. In der Reihe „C’est quoi, l’amour?“ wurden mehrere Familien mit autistischen Angehörigen porträtiert: „Enfants et adultes autistes – quelle vie pour les proches?“

books do furnish a life.

I wrote in my journal: „I have not spoken to anyone since Monday. The radio is playing ‚Downtown‘ by Petula Clerk. I’ve been reading some Shaw — Man and Superman. I’m wearing jeans, my cable knit sweater and my Keds. I’ve made coffee and am waiting for it to cool. Let it be recorded that at this moment I am happy.“ [#]

ein kleiner etappensieg.

Seit letzter Woche geht John wieder richtig zur Schule, jeden Tag. Mit der neuen Schulhelferin scheint alles gut zu klappen, John mag sie, er freut sich, wenn er sie sieht, und sie hat auch einen sehr guten Umgang mit ihm. Sie ist Heilerziehungspflegerin und weiß eben, was sie tut.

Leider geht es noch immer vielen Kindern nicht so, ich kenne mehrere Kinder, bei denen die fehlenden Stunden immer noch nicht nachbewilligt wurden, die Schule schickt dann etwa einen zusätzlichen Zivi in die Klasse, aber natürlich klappt das nicht so einfach. Nun ist es auch schon so weit, dass bei ersten Kindern die Integration an den fehlenden Schulhelferstunden scheitert, und die Kinder an die Sonderschule verwiesen werden. Gestern gab es dazu erstmals eine Titelgeschichte in der Zeitung, im Berliner Kurier.

Wir arbeiten weiterhin Vollzeit an der Öffentlichkeitsarbeit, während die Senatsverwaltung sich nur in Babyschritten bewegen lässt. In den letzten Wochen war ich oft abends bei irgendwelchen Sitzungen: Landesbeirat für Behinderte, Landeselternausschuss, Vorstandssitzung des EZB, nebenbei noch eine Veranstaltung zur Selbsthilfeförderung, denn unsere Finanzen müssen wir dringend verbessern, alleine das Drucken von Infomaterial, Flyern etc. kostet schon viel. Die Veranstaltung zur Selbsthilfeförderung fand bei der AOK statt und es hat dort so gezogen, dass ich mir einen steifen Nacken geholt habe, ausgerechnet bei der Gesundheitskasse. Nächste Woche bin ich bei der Spastikerhilfe eingeladen, es geht immer weiter und weiter, wir arbeiten politisch und medial, auf allen Ebenen, in allen Gremien.

Heute Abend kommen wir im Fernsehen. Letzten Freitag haben sie bei John in der Schule gedreht und nachmittags bei uns Zuhause. Ich war nachher tagelang ganz fertig, auch weil John so gar nicht er selbst war vor der Kamera. Aber das wäre von einem Autisten vielleicht wirklich auch zu viel verlangt. Ich habe jedenfalls nun beschlossen, mir den Beitrag nicht anzusehen, das kann ich einfach nicht. Die anderen sollen mir dann einfach sagen, wie es war. Wir haben heute Abend einen Babysitter und gehen aus.

Nach dem Drehtag habe ich mich gefragt, ob sich Belastung und Aufwand lohnen, aber zum Glück hat es schon jetzt, schon vor dem Ausstrahlen des Beitrags, etwas gebracht: der Senat hat gegenüber der Redaktion erstmals die richtigen Zahlen autistischer Kinder in Berlin rausgerückt, an die wir schon seit Monaten heranzukommen versuchen und die wir nie bekamen. Statt der 210 Kinder, mit denen die Bildungsverwaltung in die Haushaltsverhandlungen gegangen ist, sind es 641. Die dreifache Menge, kein Wunder, dass dabei zu wenig Geld rauskam. Teilweise bin ich direkt fassungslos, in was für einem inkompetenten Sumpf wir da herumwaten müssen. Je nun, wir haben also nun neue ordentliche Argumentationsgrundlagen und können weiterarbeiten. Ein richtiger Etappensieg.

Der Landesbeirat für Behinderte hat gemeinsam mit allen Bezirksbeauftragten für Behinderte eine tolle Resolution verabschiedet. Der Verstößebericht des Landesbeauftragten für Behinderte ist hervorragend gelungen. Der Landeselternausschuss hat der Senatsverwaltung nahegelegt, einen Runden Tisch einzurichten. Noch wissen wir nicht, ob es dazu kommt. Vielleicht stupst der Fernsehbeitrag die Senatsverwaltung noch einmal etwas an, auf der Grundlage korrekter Zahlen endlich mit allen Beteiligten dauerhafte Lösungen zu erarbeiten. Ich kann im Moment nur sagen: wie hart erarbeitet das alles ist. Selbst über Erfolge kann man sich kaum freuen, weil es einem allzu bewusst ist, dass das alles dennoch nur kleine Schritte sind, und der Weg vor einem noch zehrend lang. Aber ich bin davon überzeugt, dass wir mit viel Geduld und Mühe etwas erreichen können, und mit dieser Zuversicht lässt es sich dann wohl auch weiterarbeiten.

musik und autismus.

„In der Musik gibt es die Möglichkeit aus sich heraus zu treten zu können, einem Resonanzbogen vergleichbar, zwischen dem was ich bin, was ich aushalten muss und dem was noch nicht anwesend ist, was kommt – das erst aufgebaut werden muss. Dieses Spannungsfeld auszubalancieren ist nicht einfach und braucht nonverbale Ausdrucksmittel die über die rein sprachliche Verständigung hinausgehen; die Musik lotet dabei den seelischen Gestaltungsraum aus und versucht durch rhythmisierende Elemente, klangliche Improvisationen und interaktives Singen den Menschen als Resonanzkörper zu stimulieren. Diesen Resonanzkörper zu bilden sehen wir als Mittelpunkt einer gemeinsamen Arbeit autistischer und nicht autistischer Menschen, um einander besser zu verstehen zu können.“ [#]

Am 15. Oktober kommt die Musikdokumentation „Sonic Mirror“ von Mika Kauriskmäki in die Kinos. Der Film begleitet den Musiker Billy Cobham bei seinen verschiedenen sozialen Musikprojekten auf der ganzen Welt. Im Mittelpunkt steht unter anderem ein Projekt mit Autisten in der Schweiz, mit denen Cobham musiziert und über die Klänge und Rhythmen einen faszinierenden Weg der Kommunikation findet. In Berlin im Eiszeit Kino und im Kino Lichtblick zu sehen.

dilemma.

„Psychopharmacology: hit or miss, hard to tune, ripe with side effects, symptom-masking, and once begun, difficult to tail off of. Medicine’s next generation would surely remember Weber’s as sadly as Weber remembered his father’s. The general level of barbarism receded, but never as quickly or completely as thought. Or maybe he was the last barbarian. Months of unnecessary suffering, because of Weber’s eyes-averted Puritanism.“

(Richard Powers: The Echo Maker. In den Roman ist das Thema Hirnforschung auf vielen Ebenen eingewoben: die verschiedenen Dimensionen und Implikationen bis tief in die Gesellschaft auf der ethischen Ebene einerseits, und bis tief in die Familien auf der persönlichen Ebene andererseits. Sehr empfehlenswerte Lektüre.)

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