happy holidays 2013.

Im Frühjahr erzählte mir die Dramaturgin der Neuen Bühne Nova Scena des Prager Nationaltheaters, dass sie nach Weihnachten eine Aktion mit Weihnachtsbäumen machen, die „Zweite Chance“: Anstatt den Baum auf den Müll zu geben, können Leute ihn auf den Platz vor der Neuen Bühne bringen und dort entsteht dann für kurze Zeit ein kleiner Wald. Eine schöne Idee.

Allen ein schönes Fest!

pustekuchen.

Die Wahrnehmung passt sich so schnell an die Ist-Zustände an und erachtet sie als gegeben und damit normal. Fiel mir nur wieder auf, während ich @coolcats Sonden-Abenteuer folge. Die Sonde ist bei uns zwar lange her, aber mit Mundmotorik sind wir immer noch beschäftigt. Letzte Woche gab es dazu sogar einen großen Moment: John saß vor seinem heiß dampfenden Nudelteller, beugte sich darüber und pustete auf das Essen. Bisher wollte oder konnte John nicht pusten. Er hat in seinen 13 Lebensjahren zum Beispiel noch nie eine Geburtstagskerze ausgepustet. Ich bin mir – wie so oft – gar nicht sicher, ob er es kognitiv nicht versteht, oder ob es ein physiologisches Problem ist. Wahrscheinlich – wie ebenso oft – eine Kombination von beidem.

Wenn John vor zu heißem Essen sitzt, weint er oft, weil ihm das Warten schwer fällt. Deshalb wäre es so gut, wenn er selbst pusten könnte. Auch wenn es zeitlich keinen großen Unterschied macht und wir es stattdessen für ihn tun können, würde es ihn beschäftigen und er könnte selbst etwas beitragen, anstatt der Situation – auch wie so oft – ausgeliefert zu sein. Zum Warten verdammt und auf Hilfe angewiesen, selbst im kleinsten Kleinen, the story of his life wahrscheinlich. Ich weiß natürlich nicht, ob er das so sieht, aber es frustriert ihn jedenfalls oft und sehr, und man kennt das ja von sich selbst: Immer wenn man das Gefühl hat, man kann selbst etwas tun, ist alles schon halb so schlimm.

Also, Pusten war jedenfalls bis jetzt ein Problem und auch seine Nase putzen kann John nicht. Der gleiche Effekt, er versteht das mit dem Hineinschniefen ins Taschentuch nicht. Als er letzte Woche beim gemeinsamen Essen erstmals und ganz nonchalant, als wäre es kein großes Ding, auf sein Essen pustete, waren wir völlig aus dem Häuschen, mussten das aber etwas zurückschrauben, weil John zu starke Reaktionen nicht mag. Die sind ihm unangenehm und dann zieht er sich sofort wieder zurück. Wohldosierte Freude und Lob also, und dann klappt es auch mit dem Freuen auf seiner Seite. Er strahlte uns ganz stolz an, beugte sich gleich noch einmal über seinen Teller, pustete und blickte erwartungsvoll auf. Und tatsächlich, wir freuten uns schon wieder und lobten ihn! Also freute er sich wieder, dass wir uns freuten. So saßen wir alle Drei lachend am Tisch, einmal pusten, zweimal pusten, nur auf ein drittes Mal hatte John dann keine Lust. „Nur nicht übertreiben, die Herrschaften“, schien uns sein Blick zu sagen.

Ob er an seinem 14. Geburtstag erstmals eine Kerze auspusten wird? Diese Frage stelle ich John lieber nicht. Muss er nicht unbedingt wissen, dass aus jedem Fortschritt Hoffnungen erwachsen, die ihm doch nur als Erwartungshaltung vorkommen können. Ist ja auch eigentlich Quatsch, Kerzen auszupusten, wenn man sichs so überlegt.

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