16. januar [tagebuchbloggen like it’s 2005].

Es steht ja alles zur Disposition bei so einem Lebenseinbruch. Manchmal habe ich in letzter Zeit gedacht, dass unsere Wohnung mit 75 qm für Zwei nun eigentlich zu groß ist. Wir brauchen doch nicht so viel Platz. Allerdings sind kleinere Wohnungen in unserem Kiez mittlerweile deutlich teurer als unsere. In Alt-Treptow sind die Mieten in den letzten sieben Jahren ja auch rasant gestiegen. Wir hatten zwar kurz vor der Mietpreisbremse noch die maximale Mieterhöhung bekommen, liegen damit aber immer noch klar unter dem, was Neumieter nun zahlen müssen.

Je mehr ich dann darüber nachdachte, umso weniger gefiel mir die Idee eines Umzugs. Diese Wohnung ist doch unser Ort mit John, in dem wir seine letzten sechs Lebensjahre mit ihm verbracht haben. Ich sehe ihn in der Küche, wie er permanent den Kühlschrank öffnet und alle Verstecke von Süßigkeiten kennt. Ich sehe ihn im Wohnzimmer in seiner Sofaecke Musik hören und Tierfilme gucken, ich sehe ihn im Schlafzimmer in unserem Bett rumlungern, ich sehe ihn in seinem Zimmer im grünen Lieblingsstuhl so heftig seinen rudernden Sitztanz performen, dass am Fuß des Wave-Sessels wieder eine Schraube bricht.

John wartet auf den Schulbus 29.10.2013

Das Wohnungsthema mischt sich natürlich sofort mit der Trauer. Umziehen lohnt sich also nicht nur nicht, sondern ich möchte es auch gar nicht. In der Nacht prompt davon geträumt, dass wir wegen steigender Mieten zum Umzug gezwungen werden. Der Traum war wahrscheinlich inspiriert von den Baustellen rund um uns herum, denn in Alt-Treptow werden gerade lauter luxuriöse Prestigeprojekte gebaut: die Treptower Zwillinge zum Beispiel, und die Bouchégärten. Sobald wir das Haus verlassen, sind wir umgeben von Anzeichen für weiter steigende Mieten.

Gequält aufgewacht, entsprechend langsamer Start in den Tag, endlich am Schreibtisch dann als Erstes die Nachricht, dass Andrej Holm zurücktritt.

2 thoughts on “16. januar [tagebuchbloggen like it’s 2005].

  1. Antworten
    Brigitte - 16. Januar 2017

    Ich kann nur mitfühlen und diesen Jungen in allen Phasen seines behüteten und mit Wärme und Liebe umhüllten Lebens zauberhaft finden. Ich wünsche Ihnen – unbekannterweise – viel Kraft.
    Brigitte

    1. Antworten
      Monika - 17. Januar 2017

      Danke! Ja, John war wirklich sehr zauberhaft.

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