israel & palästina [dritter teil: aschdod, negev-wüste und totes meer].

Irgendwo habe ich gelesen, dass Israel nur so groß ist wie Hessen. Vom Norden ging es daher auch ganz gut, an einem Tag quer durchs Land in den Süden zu fahren. Unterwegs hatten wir uns mit meinem Cousin und seiner Familie in Aschdod verabredet. Mein Cousin ist ursprünglich Franzose, wie auch seine Frau. Vor zwölf Jahren haben sie die Alija gemacht. Sie haben sechs Monate in einem Immigrationszentrum gelebt und Hebräisch gelernt. Heute haben beide eine Arbeit, die doppelte Staatsbürgerschaft und fühlen sich längst in Israel Zuhause. Außerdem haben sie einen achteinhalbjährigen Sohn.

Wir reisten an einem Samstag. Also schrieb mein Cousin, wolle uns seine Frau gerne zum Sabbatessen einladen. Dieses Essen stellte sich zu unserer Überraschung als ein opulentes Fünf-Gänge-Menü heraus, welches sie schon am Vortag zubereitet hatte. Es wurde auf einer traditionellen Warmhalteplatte warm gehalten.

Sabbatessen bei meinem Cousin in Ashdod

Beklemmend fand ich, als mir der Sohn den Bunker in der Wohnung zeigte. Anscheinend ist das nichts Ungewöhnliches, alle Wohnungen haben dort einen Bunker. Aschdod liegt nicht weit vom Gazastreifen entfernt und wenn von dort Tel Aviv angegriffen wird, kommen die Raketen in der Umgebung von Aschdod herunter. Als der Konflikt 2014 erneut ausgebrochen war, wurde einmal zum Beispiel auch das Nachbargebäude getroffen und die Fensterscheiben in der Wohnung meines Cousins zerbarsten.

Wie Kinder so aufwachsen, das kann ich mir gar nicht vorstellen. Aber von einem Achtjährigen einen Bunker gezeigt und die verschiedenen Funktionen  erklärt zu bekommen (Atemanlage bei Giftgasangriffen), ist natürlich ein ganz schöner reality check. Ich sprach mit meinem Cousin darüber, wie schwer es mir falle, das zusammen zu bringen: dass man unter ständiger Bedrohung so normal leben kann. Er meinte nur: „In Europa ist es doch auch schon ein bisschen so. Und es wird immer mehr so sein wie hier, da werdet ihr euch dann auch dran gewöhnen.“

Eigentlich hatten wir auf dem Weg nur für ein bis zwei Stunden Halt machen wollen, blieben dann aber bis zum Abend. Ich habe mich sehr gefreut, meinen Cousin wiederzusehen und seine Frau und seinen Sohn kennen zu lernen. Um dann noch einigermaßen vor dem Dunkeln in unserer nächsten Airbnb-Wohnung in Mitzpe Ramon anzukommen, fuhren wir auf die schnelle Route 6, eine Mautstraße.

Interessanterweise konnten wir nirgendwo Kameras entdecken. Bei der Autovermietung hatte man uns gesagt, dass die Kennzeichen registriert werden, wenn man auf- und wieder abfährt. Die Benutzung werde dann zwei bis drei Monate nach Rückgabe des Autos in Rechnung gestellt, wenn der Vermieter die Abrechnung der Mautstelle erhalten habe. Zwischendurch mussten wir einmal zum Tanken abfahren und konnten wieder nicht erkennen, wo diese Registrierung ablaufen sollte. In Frankreich zum Beispiel kann man eine Mautstelle ja nun wirklich nicht verpassen. Ein bisschen spukig. Vielleicht etwas angesteckt von der latenten Paranoia, die man im Land immer mal wieder spürte, dachten wir nun auch schon darüber nach, was hier wohl alles wie und wo registriert wurde. Das Tanken konnte man zum Beispiel fast überall nicht in bar bezahlen, nur mit Kreditkarte. Außerdem musste man an der Zapfsäule das Autokennzeichen eingeben, bevor man überhaupt Sprit bekommen konnte. Mit solchen Daten ließen sich Bewegungen im Land sicher auch ganz gut überblicken.

Auf der Fahrt erlebten wir dann bei ganz klarem Himmel unseren ersten Sonnenuntergang in der Negev-Wüste. Fantastisch. Wir bezogen wieder problemlos unsere Wohnung, alles per Whatsapp unterwegs geregelt, zwischendurch sollte man auch immer mal wieder innehalten und sich wundern und dankbar sein, wie leicht so etwas heute alles geht.

Die beiden folgenden Tage in der Negev-Wüste gehörten zu den absoluten Highlights unserer Reise. Am ersten Tag wanderten wir am Ramon-Krater, es war heiß, der Himmel war blau und die Farben der Wüste ungemein beeindruckend. Nachts wurde es erstaunlich kalt und wir schalteten sogar die Heizung ein, was ich tagsüber niemals für möglich gehalten hätte. Am zweiten Tag besichtigten wir die Festung Avdat, eine ehemals wichtige Station der Handelskarawanen auf der Gewürzstraße (Weihrauchstraße).

Beware of camels

Mitzpe Ramon

Aufgang zu "The Carpentry"

Negev

Negev

Avdat

Avdat

Steinbock

Negev

"Colored sands"

Auf dem Weg zum Toten Meer stoppten wir noch in Sede Boker. Dort kann man das ehemalige Haus von Ben Gurion besichtigen. Sein Grab befindet sich in einer atemberaubenden Szenerie.

Sede Boker (Grab von Ben Gurion)

Ben Gurion's Desert Home

Am Toten Meer angekommen, hatten wir anderthalb Tage Zeit zum Entspannen. Das war zu diesem Zeitpunkt genau das Richtige, um endlich mal alle Eindrücke ein bisschen sacken lassen zu können. Und es ist schon toll, wie man da einfach auf dem Wasser liegen und sich treiben lassen kann.

Totes Meer

Totes Meer

1 thought on “israel & palästina [dritter teil: aschdod, negev-wüste und totes meer].

  1. Antworten
    Sabine - 28. April 2017

    Danke für die interessanten Reiseberichte! Nach Israel möchte ich schon lange mal, mein Mann will aber nicht (zu gefährlich). Ich werde mich dann irgendwann wohl einer Studienreise anschließen (wenn ich es schaffe, meine Flugangst zu überwinden…). Schönen Gruß, Sabine

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Scroll to top