hans fallada auf englisch.

Hans Fallada wird gerade in den USA wiederentdeckt, in der New York Times kann man zum Beispiel einen Auszug aus der englischen Übersetzung von „Jeder stirbt für sich allein“ lesen. Übermorgen gibt es die zweite Bookslut-Lesung, wieder gemeinsam mit Dialogue Berlin veranstaltet, Gast dieses Mal Falladas Sohn Ulrich Ditzen. Jessa Crispin wird mit ihm über seinen Vater sprechen.

Eckdaten: 17. Juni, 19:30-21:30 Uhr im Direktorenhaus, Am Krögel 2, 10179 Berlin, Eintritt: 3 Euro. Hier die Ankündigung auf Englisch, da das Ganze auch auf Englisch stattfinden wird:

„Dialogue Berlin and Bookslut.com collaborate to present an exclusive evening to discuss the life and work of Hans Fallada. The writer lived a life as fascinating as any of the characters in his remarkable novels, of which Alone in Berlin, first published in English in 2009, became a surprise literary hit. Unlike other prominent writers including Thomas Mann and Herman Hesse, Fallada decided not to leave Germany during World War II, and he was eventually institutionalised in a hospital for the criminally insane after refusing to join the Nazi Party. The Gestapo ordered him to write a work of anti-Semitic propaganda, but instead, while in hospital, he wrote his masterpiece The Drinker, using a dense code that was not fully deciphered until after his death. Fallada managed to outlive his captors by convincing them he was working on his assignment, but after the war he descended into alcohol and morphine addiction. It was during this time that a friend presented him with the Gestapo file of a couple arrested for distributing anti-Nazi propaganda across Berlin during the war. That couple’s story is retold in Alone in Berlin, a recently rediscovered classic of German literature, and the work that Primo Levi called ‘the greatest book ever written about German resistance to the Nazis’. Fallada died before the book saw publication. Ulrich Ditzen, Fallada’s son — who was 16 when his father died — will be discussing his father’s life and work with Jessa Crispin, editor of Bookslut.com.“

tddl 2010 [iris schmidt: die rückkehr zum zauberberg. erzählungen].

Wir haben: einen kurzen Stalking-Fall (Lutz verfolgt Monika), noch einen kurzen Stalking-Fall (Frau Hoffmann und der fremde Mann), Impressionen aus einem Zug („Und der Zug fährt schnell, viel zu schnell, er fährt hinein in die Nacht und reißt die Fahrgäste in seinem Innersten mit sich fort“), Herrn Meier, der ein Preisausschreiben gewinnt, Herrn Robinson, der an einer Lähmung ungeklärter Ursache stirbt, Hannah, die die Scheidung von Martin mit Hilfe von Freundin Claudia verkraftet, die Schwestern Marie und Silvie, die gemeinsam zur Kur fahren („Maries Augen funkelten freudig“) und in der ersten Geschichte den längsten der Stalking-Fälle, eine alternde Jungfer, die einem Kind nachstellt und das verborgene Talent dieses – wie sich herausstellt – zutiefst einsamen Kindes entdeckt, dessen Mutter den ganzen Tag arbeitet.

‚Unfähige, weil arbeitende Mütter‘ sind nun wirklich ein Topos, den die Welt nicht braucht. Das ist so reaktionär: die böse Mutter geht arbeiten, das Kind vereinsamt und stürzt am Ende aus dem Fenster. Wenn Frauen so über Frauen schreiben, dann brauchen sie keine anderen Feinde mehr.

Diese Erzählung deutet allerdings auf ein Problem hin: die häufig mangelnde Qualität der Texte von Frauen im Bewerb (Ausnahme: Kathrin Passig), ein Problem nicht nur im deutschsprachigen Raum, ich übersetze mal kurz, was Jessa Crispin mit Blick auf den Orange Prize in ihrer neuesten Smart-Set-Kolumne Plotting Along schrieb:

„Es hat bisher nur zwei Generationen von Frauen gegeben, die mit eingeschränkten Barrieren aufgewachsen sind, und ich sage bewusst ‚mit eingeschränkten Barrieren‘ und nicht ‚ohne Barrieren‘. Zwei Generationen von Frauen, die ihre Fruchtbarkeit kontrollieren konnten, arbeiten, ein hohes Bildungsniveau erreichen, tatsächlich ihr Leben planen und gestalten. Natürlich gab es immer schon Ausnahmen, aber finanzielle Abhängigkeit, Angst vor Vergeltung und sozialer Ausgrenzung sowie ein fehlendes Unterstützungssystem erlaubten nur den ganz mutigen und konfrontativen Frauen ein unabhängiges Leben, oder man musste eben einfach nur Glück gehabt haben. Darum gibt es Romane von Edith Wharton, damit wir das verstehen.“

„Weil Frauen also wenige Vorfahren haben, an denen sich sie orientieren könnten, sind sie immer noch dabei herauszufinden, wie sie ihr Leben gestalten sollen, was sie am glücklichsten macht, ob sie sich am traditionellen Weg der Männer orientieren sollen oder ob es andere Wege des Lebens für sie gibt. Schriftstellerinnen sind auf der Suche nach dem Platz, den eine Frau in der Welt einnehmen kann, und Leserinnen kaufen aus genau diesem Grund ihre Bücher. […] Es gibt in der Fiktion immer noch große Lücken weiblicher Erfahrung zu füllen. Das kann Schriftstellerinnen eine Inspiration sein, wie man zum Beispiel an ‚The Room and the Chair‘ von Lorraine Adams sieht. Der Roman ist voll von aggressiven, verrückten, nuttigen, heldenhaften, unterdrückten weiblichen Jagdfliegerinnen, Reporterinnen, Ehefrauen und minderjährigen Prostituierten.“

Lorraine Adams mit ihren tollen weiblichen Charakteren ist heute immer noch eher eine Ausnahme, in den Romanen und Texten von Frauen finden sich zu großen Teilen traditionelle Rollenbilder, oder noch schlimmer, wie in diesem Erzählband von Iris Schmidt in der ersten Erzählung „Der Junge mit den schwarzen Augen“: wenn die Tradition gebrochen wird, indem die Mutter arbeiten geht, wird sie prompt dafür bestraft und das Kind stirbt.

Die Texte in dem Erzählband haben alle etwas sehr Didaktisches, da liegt man beim Lesen plötzlich wieder in den Achtzigern im Garten der Eltern und muss Peter Bichsel für den Deutschunterricht lesen, nur dass es schlechter als Peter Bichsel ist, phlegmatisch und trist wie Bichsel, aber dabei noch so gewollt, bedeutungsschwanger und moralisierend. Zugute halten kann man den Erzählungen nur, dass sie ein wahrer Jungbrunnen sind, indem sie einen so intensiv zurücktragen in eine verlorene Zeit. (Aber will man das überhaupt?)

Wenn man von den letzten zwanzig Jahren spricht, dann gewöhnlich von der Veränderung des Ostens, das liegt natürlich auch nahe, aber wenn man diesen Erzählband liest, wird einem bewusst, dass sich auch der Westen sehr verändert hat: diese Bundesrepublik, in der wir in den Siebzigern und Achtzigern im Westen groß geworden sind, die gibt es auch nicht mehr. Das Verstörende an dem Erzählband ist nur, dass er 1997 erschienen ist und nicht 1987 oder 1977. Erstaunlich, wie sehr die Erzählungen sieben Jahre nach der Wiedervereinigung noch „alte Bundesrepublik Westdeutschland“ atmen. Dreizehn Jahre später darf man hoffentlich auf etwas anderes beim Bewerb hoffen (es war das einzige Buch, das die AGB von Iris Schmidt hatte).

Verena Rossbacher und Iris Schmidt sind ein denkbar größter Gegensatz. Mir war das eine zu albern und das andere zu altbacken, vielleicht auch ein Indiz für das, was Jessa schreibt: Frauen sind noch auf der Suche.

tddl 2010 [verena rossbacher: verlangen nach drachen].

Es ist natürlich überhaupt nicht Verena Rossbachers Schuld, wenn ich Satzzeichen zum Lesen brauche, das muss ich vorausschicken. Es ist meine eigene Schuld, wenn ich neben dem Lesen das Kind bade und darum dem Auseinanderhalten von Fließtext und Dialog keine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken kann. Das kann man Verena Rossbacher nicht anlasten, aber generell finde ich es als Leserin schon schön, wenn mir ein Autor ein bisschen hilft.

Nundenn, ich habe dann gestern weitergelesen, als das Kind im Bett war, „Verlangen nach Drachen“ heißt Rossbachers Roman. Er wird bevölkert von lauter kauzigen Typen, so ein ganz kleines bisschen muss man an Herrn Lehmann denken, liegt auf der Hand bei der ersten Szene, die in einem Lokal spielt, dessen Besitzer die Tür offen lässt, aber alle Gäste wegschickt, nur sind die Charaktere bei Sven Regener ja gerade nicht wirklich kauzig, oder nur so ein kleines bisschen, die bleiben einem dabei immer sehr vertraut, und diese Balance stellt sich in „Verlangen nach Drachen“ überhaupt nicht ein. Soll sie wohl auch nicht, denn es ist von „Originalen“ und „Unikaten“ die Rede, der Text geht bewusst ins Absurde, der Protagonist wechselt ständig seine Identität, einmal hat er acht Klaviere auseinander genommen, um „den fehlenden Ergänzungston zu finden, der die Verstimmung wieder zum Einklang mit den Schöpfungsharmonien bringen soll.“ Da hieß er noch Prohaska, später Roth und dann Grün.

Im Klappentext heißt es über die Charaktere des Buches: „Alle faszinieren durch Eigensinn, ausgefallene Interessen und charakterliche Unausgewogenheiten. Verena Rossbacher fesselt den Leser mit einer Geschichte, die um Liebe, Entwicklung und Verwandlung kreist, und mit ihrer Fähigkeit, die Figuren durch ihre Sprache kenntlich werden zu lassen.“ (Im Original-Klappentext alles in Großbuchstaben.)  Mich hat das leider nicht gefesselt, bis zum „Steinesammler, Floristen und Universalautodidakten Lenau“, der im Klappentext angekündigt wird, habe ich es nicht mehr gebracht. Aufgabe nach ca. 60 Seiten, tut mir leid.

Unklare Praxis: „Grün wachelte mit der Zeitung.“

Offene Frage: Im Katalog der Amerika-Gedenk-Bibliothek, in der ich meine zehn vorbereitenden Bachmannbücher ausgeliehen habe, finden sich unter Iris Schmidt auch die Bücher „Kräuter, Gewürze und Heilpflanzen“ und das „Lexikon der Heilpflanzen“: Ob das dieselbe Iris Schmidt ist?

tddl 2010 [juroren und autoren].

Meike Feßmann: Volker Altwasser und Peter Wawerzinek
Karin Fleischanderl: Thomas Ballhausen und Josef Kleindienst
Paul Jandl: Dorothee Elmiger und Christian Fries
Hildegard E. Keller: Iris Schmidt und Judith Zander
Burkhard Spinnen: Daniel Mezger und Verena Rossbacher
Alain Claude Sulzer: Christopher Kloeble und Sabrina Janesch
Hubert Winkels: Max Scharnigg und Aleks Scholz

das zimmer und der stuhl. (die redaktion und der vorsitzende.)

Lorraine Adams war elf Jahre lang Reporterin bei der Washington Post und wurde mit dem Pulitzer Prize ausgezeichnet. 2004 erschien ihr erster Roman „Harbor“, nun der zweite Roman „The Room and the Chair.“ Letzten Freitag stellte sie das neue Buch im Café Hilde in Berlin vor, veranstaltet von Dialogue Berlin und Bookslut (die erste Bookslut-Lesung in Berlin!).

In „The Room and the Chair“ geht es im weitesten Sinne darum, wie in den USA in Bezug auf die Konflikte im Mittleren Osten Wirklichkeit erzeugt wird und darüber sprach Lorraine Adams auch letzten Freitag. Adams hat das Geschäft des Journalismus und das der Politik in Washington lange genug von innen kennengelernt, um mit viel Wissen darüber berichten zu können. Sie verhehlte nicht, dass einer der Charaktere im Buch Bob Woodward ist. Nachdem Woodward (Watergate) immer bekannter geworden war, interviewte er vor allem Prominente und prominente Politiker, und dieser Wechsel dient als Beispiel für eine generelle Verschiebung im Journalismus, die Adams höchst kritisch beobachtet, und die sie letztlich auch dazu führte, den Journalismus aufzugeben. Was passiert, wenn nicht mehr die Menschen in der U-Bahn, sondern nur noch die in den Limousinen gehört werden? Es bildet sich eine eigene Welt, abgekapselt, die bald auch ihre eigene Realität erzeugt. Dass es im Irak keine Massenvernichtungswaffen gab, hätten in Washington viele Menschen sehr früh gewusst, aber es gelangte nie auf eine nennenswerte Titelseite: warum? Adams spürt all diesen Themen nach, und zwar auf eine sehr, sehr berührende Art. Ich habe lange nicht mehr eine so anregende Lesung besucht (die zu großen Teilen aber auch eher ein Gespräch war) und ich habe auch schon eine ganze Weile keinen Roman gelesen, der mich so berührt hat. Der Hinweis auf DeLillo im Klappentext ist durchaus gerechtfertigt. [Hier bitte noch viel Schwärmerei einfügen, für die ich gerade keine Zeit mehr habe.]

Ihr Lebensgefährte ist übrigens Richard Price, der unter vielen anderen Drehbüchern auch an „The Wire“ mitgeschrieben hat und dessen neuer Roman „Lush Life“ nicht nur Obama gefiel, sondern auch im Sommer beim S. Fischer Verlag in deutscher Übersetzung erscheint. Fragt sich nur, wann endlich Lorraine Adams übersetzt wird?

Bin ich ganz schön froh, dass Jessa von Chicago nach Berlin gezogen ist und nun die Bookslut Readings hierher gebracht hat, und Katy habe ich bei der Lesung auch noch gesehen.

Lorraine Adams bei Twitter [#]

Rezension in der New York Times [#]

Rezension im Bookforum [#]

Rezension in der Washington Post [#]

Rezension in der L.A. Times [#]

Interview mit Lorraine Adams im Wall Street Journal [#]

Gespräch zwischen Lorraine Adams und Jessa Crispin in Berlin [#]

tddl 2010 [die autoren].

Es ist wieder soweit. Bevor auch noch der Bachmannpreis von Stefan Raab und Lena Meyer-Landrut aufgemischt wird, wurden schnell die Autoren für dieses Jahr benannt.

Zunächst einmal muss man die Jury für ihre taktische Leistung beglückwünschen, die Basiskoordinaten Alter, Geschlecht, Nationalität und Herkunft so gerecht wie wohl nur irgend möglich in ihrer Auswahl zu repräsentieren.

Alter:
3 in den Zwanzigern
7 in den Dreißigern
2 in den Vierzigern
2 in den Fünfzigern

Geschlecht:
9 Männer
5 Frauen

Nationalität:
3 Österreich
2 Schweiz
9 Deutschland

Herkunft der deutschen Autoren:
5 aus dem Westen
4 aus dem Osten

Bei den weicheren Verteilungskategorien ergeben sich wie immer nicht zu umgehende Ungleichgewichtungen, so eine Überrepräsentation von Berlin bei den aktuellen Wohnorten:
5 Berlin
2 Wien
1 Rostock
1 Zürich
1 Münster
1 Cottbus
1 Düsseldorf
1 Dublin
1 München

5 der diesjährigen Autorinnen und Autoren waren am Literaturinstitut Leipzig, 1 am Schweizerischen Literaturinstitut. Während im Vorjahr noch 6 Journalisten dabei waren, sind es dieses Jahr nur 4, von denen 3 den Journalismus zudem mehr oder weniger nebenher zu machen scheinen (Janesch, Scholz und Wawerzinek). Der Journalismus ist bei der Auswahl dieses Jahr also deutlich abgestiegen, während das Literaturinstitut wieder an Bedeutung gewinnt.

7 Autorinnen und Autoren scheinen – nach den Informationen auf der Bachmmanpreis-Website zu urteilen – als freie Künstler überleben zu können (Altwasser, Janesch, Kloeble, Mezger, Rossbacher, Wawerzinek, Zander), diese Rate ist wesentlich höher als letztes Jahr, als dies nur 3 waren.

Die anderen Berufe dieses Jahr:  1 Kulturwissenschaftler der Uni Wien (Ballhausen), 1 Studentin (Elminger), 1 Schauspieler und Regisseur (Fries), 1 Deutschlektor (Kleindienst), 1 Journalist (Scharnigg), 1 Sozialpädagogin (Schmidt), 1 Astronom (Scholz).

Außerdem ist eine Entwicklung in szenisch-dramatische Richtung zu beobachten, 5 Autorinnen und Autoren haben dieses Jahr eine Affinität zu Theater, Film und Schauspielerei (Fries, Kleindienst, Kloeble, Mezger, Rossbacher).

Der Trend geht also weg vom Journalistischen (Ausnahme: Scharnigg), hin zum formal-ästhetisch geprägten Hauptberuf. Ich hoffe, dass dies nicht den Anteil unlesbarer Texte erhöht. Was mir außerdem ein bisschen Sorgen bereitet, ist die Quote von Preisen und Stipendien: 13 von 14 Autorinnen und Autoren haben diverse Förderpreise und Stipendien erhalten (Ausnahme: Scholz).

Bei Volker Altwasser heißt es, er habe unter anderem in Langenthal, München, Visby und Schöppingen Stipendien erhalten. Sabrina Janesch war in Danzig, Stuttgart und Berlin. Judith Zander war in Sachsen, Ahrenshoop, Lübeck und Landsdorf. Hoffentlich haben die Autoren alle „Wie man den Bachmannpreis gewinnt“ gelesen, besonders die Passage über das Sekundärgeschreibe und den Literaturbetrieb. Literaturpreise, Aufenthaltsstipendien und Lesereisen bergen große Gefahren: „Das Autorsein führt dazu, dass der Autor sonst nicht mehr viel erlebt, also schreibt er genau darüber. […] Wir lesen die ewig ähnlichen Geschichten über ewig ähnliche Hotels, und immer ist es so einsam.“ (Angela Leinen: Wie man den Bachmannpreis gewinnt, S. 38)

Einsam ist es in den Texten, weil die Autorinnen und Autoren ihrem sozialen Umfeld entzogen werden. Die ständige Verschickung von Autoren erinnert an die Tuberkulose-Erkrankungen im 19. Jahrhundert, auch dort brachte die Verschickung an Kurorte einen Prozess der Isolation mit sich, die Erkrankten wurden ihrem Umfeld und ihren Routinen entzogen, lebten an fremden Orten, abgeschieden von ihren Familien, in einer Art Exil, und die isolierenden Lebensumstände leisteten dekorativen, manchmal geradezu lyrischen Assoziationen einer romantischen Weltsicht Vorschub, nicht zuletzt darum wurde die Tuberkulose von Thomas Mann bis H.D. Thoreau in der Literatur ästhetisiert. Weil sich die Medizin der erfolgreichen Behandlung der Tuberkulose erdreistete, muss man die Erkrankung heute durch Aufenthaltsstipendien ersetzen.

Stadtschreibertum ist also die Tuberkulose des 21. Jahrhunderts. Man sollte dieses Konzept überdenken, und Autorinnen und Autoren vielleicht auch mal ermöglichen, feste Beziehungen zu führen, Kinder zu bekommen und lauter Dinge zu tun, die nicht mal so eben zwischen Ahrenshoop und Schöppingen passen, zumal sich daraus potentiell auch Inhalte ergeben könnten, die wir nicht schon zur Genüge seit dem 19. Jahrhundert kennen.

A propos in der Gegenwart angekommen, sehr löblich: 6 von 14 Autoren haben eine Website, das ist eine Verdopplung gegenüber 3 von 14 im letzten Jahr.

Volker Altwasser [#]
Sabrina Janesch [#]
Christopher Kloeble [#]
Daniel Mezger [#]
Aleks Scholz [#]
Peter Wawerzinek [#]

Katalog kommunikativer Knackpunkte: Christian Fries, „verbrachte ein paar wesentliche Jahre in Wien.“

Mehr Infos zu den Autoren auch bei Sopranisse [#]

dialogue berlin.

Heute Abend liest Lorraine Adams aus ihrem Buch „The Room and the Chair“, ab 19:30 Uhr im Café Hilde in der Metzer Str. 22. [#] Geh ick hin, wa.

pfingsten auf der pfaueninsel (und nein, wir sind nicht nur wegen der alliteration hingefahren).

Auf der Pfaueninsel vom 1. Mai bis 31. Oktober 2010: „Luise. Die Inselwelt der Königin“ und Positionen zeitgenössischer Kunst. Empfehlenswert. Auf der Insel fahren keine Autos, daher konnten wir John frei laufen lassen, und mit der Kunst hat er viel Spaß gehabt. Es sollte mehr autistenfreundliche Kunst geben.

Robert Stieve: Eicheln / Acorns

Olafur Eliasson: The Blind Pavilion

Michael Lukas: Parkett / Parquet

ich bin die gentrifizierung (huch).

Nach erfolgreichem Umzug unserer dreiköpfigen Familie nach Alt-Treptow saß ich in den Osterferien erstmals in einem nahen Café, um etwas zu arbeiten, während John Zuhause von einem Einzelfallhelfer betreut wurde. Zwei Tische neben mir saß ein Handwerker in bekleckstem Anzug, der nach seiner Pause zwei Heizkörper streichen musste, wie er allen Anwesenden kundtat, indem er es der Kellnerin durch das gesamte Lokal hindurch erzählte. Etwas später beim Bezahlen fragte er die Kellnerin: „Wat is überhaupt mit dem Internet hier und den Computern?“ (Nickt in meine Richtung.) „Kann man hier demnächst noch wat essen oder wird das jetzte bürgerlich hier?“
So schnell wird man vom Gentrifizierungsopfer zum Täter.

kinder in berlin. und überall.

So geht es: wenn die Berliner Zeitung eine Serie über Kinder in Berlin macht, dann gehört dazu natürlich auch ein Artikel über ein Kind mit einer Behinderung: „Gute und schlechte Tage.“

Wie schön, dass unser Elternzentrum an zweiter Stelle unter Beratungsstellen gelistet wird, das zeigt auch, wie weit wir in knapp anderthalb Jahren Vereinsarbeit schon gekommen sind; und wir sitzen am Runden Tisch zum Thema Schulhelfer [#], was die Senatsverwaltung vor anderthalb Jahren sicherlich auch nicht zugelassen hätte.

Inklusion, das ist ja noch nicht viel mehr als ein Traum. John ist nirgendwo ein Teil des Ganzen, obwohl ich es schon oft versucht habe. Aber wer weiß, vielleicht lässt sich etwas bewegen, immerhin gibt es dazu nun einen schönen Kinospot: Schulchor.

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