zeitungs- und zeitschriftenflash.

In der Novemberausgabe von „Theater Heute“ ein großes Foto von Felicia Zeller, auf dem die Brille etwas schief sitzt, mal schnell gegoogelt, kann man in klein auch online sehen. Jedenfalls hat mir das in Kombination mit dem Titel des Artikels „Kleine Schiebungen im Sinn“ einigermaßen gut gefallen. Vielleicht einen Tick zu augenfällig spielerisch, aber noch okay (was will man machen, müssen sich ja alle was einfallen lassen, die Printmedien).

In der „Zeit“ vom 11. Dezember sagt Karl Lagerfeld, dass er The year of magical thinking von Joan Didion toll fand. Als letztes hatte ich von ihm gelesen, dass er nichts von Krankheit, Leid und Geldsorgen hören möchte, um erstere beide Themen geht es aber in Didions tatsächlich sehr gutem Buch. Erstaunliche Wendung meiner Wahrnehmung von Karl Lagerfeld. Mal schnell gegoogelt, das Interview kann man auch online lesen. „Die Zeit“ ganz offensichtlich auf der Jagd nach Klickzahlen und Page Impressions, früher haben sie so ein Interview jedenfalls nicht in acht Seiten aufgeteilt (was will man machen, müssen sich ja alle was einfallen lassen, die Printmedien).

In der Dezemberausgabe des „ExBerliner“ steht über die Choriner Höfe: „According to their website, the Höfe are a hot spot for people who have made the decision to lead a self-determined life, but contradictorily goes on to confirm that buyers are people who want to ‚make brands‘ and ‚be there when it happens.‘ In April this year, the site even stated that future homeowners ‚will work and produce on balconies … while listening to the Kaiser Chiefs, the Beatsteaks or Bloc Party on their iPods.‘ It’s a sinister day indeed when you realize that you are little more than an accessory to your apartment.“ (Der ExBerliner ist so herrlich trocken und treffend, dass er sich keine Kinkerlitzchen einfallen lassen muss.)

nachrichten aus den usa & kollektive lethargie in deutschland.

M. und L. sind gerade beide entlassen worden, weil die Firma, bei der beide arbeiteten und sich auch kennengelernt hatten, von Chicago nach Belfast verlegt wird. Man hat ihnen angeboten, mit nach Nordirland zu ziehen, zu guten Konditionen. Aber M. hat aus erster Ehe einen zehnjährigen Sohn, und teilt sich das Sorgerecht mit seiner Exfrau. Da kann er nicht einfach alles einpacken, nach Belfast gehen und seinen ältesten Sohn alleine lassen. So sind M. und L. nun beide arbeitslos. Sie haben ein Haus mit mortgage payments, zwei Autos, einen einjährigen Sohn, das volle Programm.

S. arbeitet für ein Computerunternehmen, zu großen Teilen leider am Account von General Motors. Ob sie noch lange einen Job hat, ist unklar. Wenigstens hat sie das Haus schon abbezahlt, in dem sie wohnt.

C. hat eine eigene Firma und steht kurz vor der Insolvenz. Gerade vor der Krise hat er seine Exfrau im Zuge der Scheidung ausbezahlt, um die Firma alleine behalten zu können. Es war noch keine Krise in Sicht, darum hat er es seinerzeit getan, aber sitzt nun auf Krediten und Hypotheken, kann seine Objekte nicht loswerden und steht kurz vor der Aufgabe.

G., M. und J. betreiben gemeinsam seit vielen Jahren eine Firma, der es nie so richtig superblendend ging, aber die beiden Familien kamen mit dem Verdienst immer über die Runden. Auch hier das gleiche Spiel: Aufträge werden storniert, schon geleistete Arbeit wird nicht bezahlt. Um sich aus den ersten Schwierigkeiten zu retten, haben sie zunächst eine Hypothek aufgenommen, aber die Lage bessert sich nicht. Als Ergebnis stehen sie nun nicht nur kurz vor der Insolvenz, sondern verlieren dabei wegen der Hypothek vielleicht sogar noch das Haus, in dem sie wohnen.

Kollegin H. schreibt, dass die Firma, für die ich in Chicago gearbeitet habe, am Freitag auf einen Schlag 14 Leute entlassen hat. Die Stimmung sei wie nach dem 11. September 2001 – ich erinnere mich noch zu genau, wie wir damals jeden Tag zur Arbeit gekrochen sind, nachdem 25 Leute auf einmal entlassen worden waren.

(Mails aus den USA würde ich am liebsten bald gar nicht mehr öffnen.)

[Hier kommt es allerdings auch schon an. F. erzählte mir, dass die Firma, für die sie arbeitet, Insolvenz angemeldet hat, hier in Berlin. Bei mir wird für das nächste Frühjahr im Moment nur noch storniert, am Verreisen sparen die Menschen nunmal zuerst. Die Aussichten werden bei mir von Woche zu Woche schlimmer, immer mehr durchgestrichene Termine im Planer. 2009: in meinem Kalender schon jetzt das durchgestrichene Jahr. Ich werde mir ein neues Arbeitsfeld erschließen müssen.

Es scheint überhaupt, als seien alle in Lethargie verfallen. Letzten Freitag wollte ich bei meiner Hausärztin ein Rezept holen und musste feststellen, dass die Praxis geschlossen hat: vom 15. Dezember bis 5. Januar. Eine Arztpraxis, die einfach drei Wochen schließt. Hat sicher auch mit dem Quartalsende zu tun, es gibt schließlich immer mehr Praxen, die zum Ende des Quartals zwei Wochen schließen, weil sie ihr Kontingent schon ausgegeben haben, und quasi umsonst arbeiten müssten, da würde ich auch lieber Urlaub machen. Von der Praxis aus ging ich zur Reinigung, da hing auch ein Schild, dass bis 5. Januar geschlossen sei. Dann also ohne Medikamente und mit dreckigen Sachen ins Fest. In Berlin klappt man die Bürgersteige hoch und tut erstmal nichts mehr. Das hat natürlich mit Weihnachten zu tun, aber es ist so extrem dieses Jahr, dass ich es schon auch für einen Ausdruck einer um sich greifenden Motivationslosigkeit halte.

Mein Cousin arbeitet am Potsdamer Platz und erzählte am Samstag vom Baugewerbe. Früher hätten die Leute alle Aufträge angenommen, die sie bekommen konnten, aber jetzt hat er schon mehrfach mitbekommen, dass neue Aufträge abgelehnt wurden: „Nee, im Moment machen wir erstmal nicht mehr groß was. Wer weiß, was mit der Krise auf uns zukommt, und ob wir dann überhaupt noch bezahlt werden können, nachher haben wir gearbeitet und bekommen kein Geld, weil die auftraggebende Firma pleite geht.“

Jetzt sitzen alle auf ihren Sofas, wollen nicht mehr verreisen, wollen nicht mehr arbeiten, wollen nur warten, warten, warten. Wenigstens kommt Weihnachten a.k.a. das Fest des Wartens da gerade passend.]

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