komm näher.

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Sie kamen näher, die Besucher des Sommerfestes in Johns Schule, und die Theater-AG, in der John dieses Schuljahr mitgemacht hat, führte ein Stück mit Stabfiguren auf: „Die kleine Maus sucht einen Freund.“ Ich war beeindruckt, dass John vor so einem großen Publikum das ganze Stück über auf der Bühne sitzenblieb und sich sogar richtig freute. (Am Vorabend war er schon ganz aufgeregt gewesen und erst um zehn Uhr eingeschlafen.)

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Wo wir schonmal in Fürstenwalde waren, sind wir nach dem Fest noch gleich in Polen Zigarettenkaufen gegangen. In Slubice ist ein Konkurrenzkampf entbrannt: das eine Geschäft hat einen Parkplatz, diesen nun eingezäunt, damit die Leute nicht mehr darauf parken und dann aber im Geschäft daneben einkaufen, nun hat das nebenliegende Geschäft mit einer großen Videoleinwand auf ihrem eigenen Grundstück gegen den Zaun aufgerüstet, auf der Leinwand zeigen sie einen Film, wie man um den Zaun herumgehen und zu ihrem Geschäft gelangen kann. So sieht die Welt also gerade in der „Tobacco Road“ aus.

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Auch wenn er von der Klowandfirma kommt, ein ganz schöner Spot zur Teilhabe von Menschen mit Behinderungen: Get closer.

Deutsch [#]

Making-Of [#]

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Eine Kollegin, mit der ich noch letztes Jahr zusammengearbeitet habe, hat sich das Leben genommen, sie ist aus dem Fenster ihrer Eigentumswohnung in einem Chicagoer Hochhaus gesprungen. Janeen war eine sehr warmherzige und sorgende Frau, aber anscheinend auch sehr depressiv, was ich vielleicht manchmal nach Gesprächen durchaus geahnt habe, aber nicht in diesem Ausmaß. Durch einen Mailwechsel mit ihrer Schwester weiß ich, dass selbst die Familie das Ausmaß nicht erkannt hatte. Janeen gehörte einer Gemeinde an, die sich christlich nennt, ein wesentlicher Teil des Glaubens dieser Kirche ist die Ablehnung medizinischer Behandlungen (und das bei einer Depression). Ich hatte darüber Auseinandersetzungen mit Janeen, noch das letzte Mal, als wir gemeinsam mit einer Reisegruppe im Hotel wohnten. Sie lehnte jegliche Medikamente ab.

Sie hat mir auch immer wieder erzählt, ich könne John von seinem Autismus heilen, wenn ich nur daran glaubte. Ich sagte ihr dann jedes Mal, dass Autismus nicht heilbar ist, dass das aber auch nicht schlimm sei: „Janeen, it’s okay, it’s not the end of the world.“ Aber sie wollte darauf nicht hören. Wenn ich sagte: „I’m okay. John’s okay“, dann schüttelte sie nur den Kopf. Es war so, als erreichten meine Worte sie nicht. Sie konnte und wollte die Welt und die Menschen und die Dinge einfach nicht so akzeptieren, wie sie sind. Am Ende unserer letzten gemeinsamen Arbeit schenkte sie mir zum Abschied einen großen Stapel Zeitschriften ihrer Kirche. Darin lauter unwahrscheinliche Heilungsgeschichten, ich habe sie überflogen und weggeworfen. Janeens letzte Worte, bevor sie sich auf den Weg zum Flughafen machte: „Monika, I really think John can be healed.“ Wie sich nun herausstellt, waren es ihre letzten Worte an mich überhaupt, jemals. Ich habe immer diesen Druck gespürt, den ihr Glaube auf Janeen ausgeübt hat. Ich habe viel mit ihr darüber gesprochen, es hat überhaupt nichts gebracht. Ich wünschte mir, ich hätte sie erreichen können. Wenn es nicht um ihren Glauben ging, war Janeen sehr humorvoll und lustig. Hätte sie nicht permanent diesen Druck gehabt und wäre sie bereit gewesen, Medikamente zu nehmen, alles hätte ganz anders ausgehen können.

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Beim Googeln einen interessanten Artikel über Janeens Kirche gefunden: The respectable cult.

tddl 2011 [gunther geltinger: mensch engel].

Auf dem Foto das Buch in der Pivnice U černého vola (Zum Schwarzen Ochsen) in Prag. Pfingsten in Prag, eine sehr gute Idee, wie auch Gunther Geltingers dorthin mitgenommener Roman Mensch Engel. Zuerst Metapherngestöber, aber gerade als ich denke, es geht nicht, die gleiche Erkenntnis vom Protagonisten Engel: „Es ist, muss er zugeben, also vollkommen sinnlos, dass er hier in endlosen, mäandrierenden Sätzen und mit über die Ufer tretenden Sommermetaphern versucht, sich dieser Sache zu stellen.“

Das ist der kluge Ansatz des Romans, gleich im ersten Satz des Romans eingeführt: „Engel schreibt:…“, von Anfang an zwei Ebenen zu eröffnen: das, was Engel schreibt und das, was er selbst dann über das Geschriebene denkt. So wird es möglich, in dem, was Engel schreibt, dem Metapherngestöber freien Lauf zu lassen, und dieses dann jedes Mal rechtzeitig von der Reflexion zu brechen. Auf diese Weise wird das immer neue Anrennen gegen das, was Sprache nicht zu erfassen vermag, deutlich, ein gescheiterter Versuch nach dem anderen, eine erste Liebe zu beschreiben. Durch den Schulfreund Marius entdeckt Engel seine Homosexualität, und was diese Liebe und diese Erkenntnis auslösen, das ist wirklich gut geschrieben. Unvergesslich das Schafmassaker, Engel zählt keine Schäfchen, er gibt ihnen den Bolzenschuss, erst fünfzig, dann hundert, dann fünfhundert, so die Erzählung einer schlaflosen Nacht. „Als die Sonne aufging, lag der Schlaf in Schutt und Asche. Mit gefalteten Händen, zur Brust gezogenen Knien und vom Kopfkissen zerfurchtem Gesicht kauerte Engel noch eine Weile über dem Schlachtfeld und schaute zurück auf die Trümmer. Dann stieg er aus dem Bett. Es war Wochenende.“

Ich freue mich, dass ich dieses Buch durch die Bachmannvorbereitung entdeckt habe. Ich bin auf S. 58, werde hier aber keinesfalls abbrechen, sondern den Rest auf jeden Fall lesen. Vorläufige Prognose: wenn Gunther Geltinger im Bewerb einen ähnlich tollen Text liest, auf jeden Fall ein Top-Kandidat für den Preis.

Anderthalb-Faktor: Hoch. Mehrere Beiträge für den Verein zur Rettung des Anderthalb, zum Beispiel: „Der Vater, wusste Engel, würde in anderthalb Stunden aufstehen, weitere anderthalb Stunden später seine gähnende, im Brotfach nach frischen Brötchen kramende Schwester Juli…“

tddl 2011 [die videoporträts].

Antonia Baum: Hört deutsche Schlager, mag alte Mafia-Filme und Rap, ist lieber drinnen als draußen.

Michel Božiković: Segeln, Sport. Das Video erinnert mich an die Bewerbungsfilme der Kandidaten bei Schlag den Raab.

Nina Bußmann: Hält einen Vortrag über Biber. „Der Biber ist einer, der die Welt in die Hand nimmt.“
(Parallelen zwischen Schreiben und Bibern.)

Wenn da mal nicht eine Geschichte über einen Biber auf uns zukommt. Hoffentlich hat sie das alles gut recherchiert, nicht dass da Gürteltiere in Phoenix vorkommen, obwohl es keine Gürteltiere in Phoenix gibt, siehe diesen tollen Essay von Adelheid Fischer, der sich streckenweise fast wie eine Hommage an Karl Corino liest: „The fundamental issue here, I think, is not that Cunningham got the details wrong, but that he didn’t seem to care about getting them right. Neither did his publisher or editor or the critics. But what if Jonathan’s conversation with his father had taken place not in the Sonoran Desert but instead in the galleries of the Metropolitan Museum of Art? Would Cunningham have had his protagonist refer casually to, say, strolling past the Elgin Marbles? My guess is that this major American writer would not have conflated the British Museum with the Met. Nor would most of his readers. So what makes us think that it’s okay to play fast and loose when it comes to matters of natural history?“

[In der neuen Rimbaud-Übersetzung von John Ashbery auch ein Biber: „The beaver built.“ Der Biber ist anscheinend quite the new In-Tier.]

Gunther Geltinger: Das Moor ist eine Art Archiv, es archiviert Zeit und bringt gleichzeitig Zeit in Bewegung.
(Parallelen zwischen Schreiben und Moor.)

Maja Haderlap: Ich sage einen Minuspunkteregen in der automatischen Literaturkritik voraus. Der Kriterienkatalog der automatischen Literaturkritik ist anscheinend nicht mehr online zugänglich, aber ich erkenne alles mögliche: im Wald verstreutes Papier und Bücher in Blättern, Fokusspielereien der Kamera, an einen Baum geklippte unbeschriebene Zettel, Nahaufnahme von Stiften…
[Edit, siehe Kommentare: die Liste der automatischen Literaturkritik ist wieder zugänglich.]

Thomas Klupp: Video im Streichelzoo des Görlitzer Park, direkt bei mir um die Ecke. Musik: Somewhere over the rainbow. Autorenrolle: Mitten im Tumult der Gegenwart stehen, daran teilnehmen und gleichzeitig eine unbestechliche, ganz große Entspanntheit dieser Gegenwart gegenüber haben.
(Parallelen zwischen Schreiben und Eseln.)

Steffen Popp: Video wohl verweigert.

Anna Maria Praßler: Noch ein Fest für die automatische Literaturkritik: Rolltreppen, ein auf dem Boden zerberstender Spiegel (Holzhammermethode, Text dazu: „… bis ihre Welt in die Brüche geht“, peng, Scherben), ein neuer Spiegel, mehr Rolltreppen, mehr Spiegelscherben, am Ende sogar Spiegel auf Rolltreppe. Ausgerechnet eine Filmwissenschaftlerin hat so ein Video. I rest my case.

Julya Rabinowich: War Dolmetscherin bei psychotherapeutischen Sitzungen. Dafür müsste es eigentlich einen Pluspunkt für den originellsten Beruf geben.

Leif Randt: Absurd-blöde Offenheit ist das beste Schutzschild, sagt er.

Linus Reichlin: Geheimnisse seien immer der Motor einer guten Geschichte. Er ist beim Schreiben ein besserer Mensch – dies ein Zitat „aus einem Film.“
(Parallelen zwischen Schreiben und Wasser.)

Anne Richter: Regentropfenspielerei, jede Menge Züge und Gleise, auch wieder was für die automatische Literaturkritik. Sie ist Sprachenlehrerin in Ludwigshafen.

Maximilian Steinbeis: Definiert Journalismus als Beschäftigung mit Fakten, spricht dabei das Wort Fakten aus wie Helmut Markwort in der Focus-Werbung.

Daniel Wisser: Einziges Kunstporträt dieses Jahres, zeigt nur sein Gesicht, unterlegt mit Musik des Ersten Wiener Heimorgelorchesters.

tddl 2011 [anna praßler: narration im neueren hollywoodfilm].

Die beiden neuesten Stofftiere meines Sohnes: Charlie Brown und Snoopy. Charlie Brown sagt: „That’s the secret to life… replace one worry with another.“

Bevor mehr bestellte Bücher in der Stadtbibliothek ankamen, hatte ich nur noch Anna Praßlers (vor drei Jahren also noch ohne Mittelnamen unterwegs) Narration im neueren Hollywoodfilm zur Verfügung. Ein wissenschaftliches Buch, also wenig Prognoseversprechen für den Bachmannbewerb, dennoch, vor zwei Jahren hatte ich schließlich auch Bruno Preisendörfers Sachbuch Bildungsprivileg gelesen und es war ein kleines bisschen aufschlussreich.

Leider habe ich mit Anna Praßlers Analyse ein Problem, das weniger Anna Praßler anzulasten ist als der deutschen Universitätslandschaft, die ihre Studenten auf fremdwortlastige, meta-theoretische und formal wie inhaltlich möglichst undurchsichtige Diskurse trimmt. Ich halte es der Academia weniger vor, dass sie sich abkapselt (obwohl auch das nicht unproblematisch ist, wenn man von Steuergeldern abhängt), sondern vielmehr, dass sie sich in der Spirale ihres Diskurstaumels von den Werken selbst auch immer weiter entfernt. Jedenfalls breche ich das Unterfangen auf S. 41 ab. Was mir auffiel, waren so Sachen wie doppelte Genitive, etwas altmodische Formulierungen (gleichwohl), qua dies und qua das, und teils nicht gerade elegante Satzkonstruktionen. („Kaum hat Phil den Anruf des Krankenhauses ob Lindas Rettung nach ihrem Suizidversuch an Jack weitergereicht, wendet er sich zum Bett, um Laken und Decken zu ordnen, bis er allzu bald fortzufahren nicht mehr in der Lage ist.“)

Schlüsse für den Bewerb kann ich nicht ziehen, weil all das wohl auf den Zustand des geisteswissenschaftlichen Diskurses zurückzuführen ist und in einem belletristischen oder literarischen Text vielleicht (hoffentlich) so nicht vorkommt.

Buchbesonderheit: oben rechts und ein bisschen auch oben links ist das Cover so angebissen, wie John dies mit Büchern gerne macht. (Ich habe das Buch aber schon so aus der Bibliothek bekommen.)

tddl 2011 [maximilian steinbeis: pascolini].

Am Wochenende wieder mal Ausflug aufs Land, in Bad Freienwalde den Hügel zum Aussichtsturm erklommen, oben dann Pause mit Pascolini.

Eine rasante Geschichte, der erste Tote schon auf S. 28: mit einem schmiedeeisernen Schürhaken wird ihm mit einem einzigen Hieb die Schädeldecke zertrümmert. Trotzdem erscheint mir die Geschichte schnell sehr behäbig. Liegt es am schwerwiegenden Setting in der bayerischen Provinz oder vielleicht doch am Erzählstil? Nägel werden bleckend zwischen den Zähnen festgehalten, Lederhosen sind speckig, der Lauf des Revolvers glänzt schwarz-stählern. Neben einem Wust an Adjektiven, die die Erzählung überladen (und stellt sich nicht jeder Leser eine Lederhose schon von alleine speckig vor?), sorgen ausufernde Beschreibungen für (zu viel) Atmosphäre, so zum Beispiel die Beschreibung eines Flügels:

„Nichts Protziges, kein Renommierstück in schwarzweiß funkelnder Abendgarderobe, sondern ein braves braunes Gerät von behaglichen eins sechzig Metern Länge aus dem Leipziger Hause Blüthner, mit gedrechselten Säulchen und Perlmutteinlage über der Tastatur, geschaffen für jene halb private und halb öffentliche Praxis, die man mit dem schönen Wort Hausmusik bezeichnet. Er stand in dem kleinen Saal im hinteren Teil des Hauses, auf einem niedrigen Podest, in das man links und rechts je drei Stufen eingelassen hatte, als behäbiger Mittelpunkt einer etwas zerzausten Schar, bestehend aus einem Buffetschrank an der Wand, hinter dessen Glasscheiben zerfledderte Stapel von Notenbänden lagerten, aus einer Gruppe zusammenfaltbarer Notenständer, die ihre dürren Metallarme umständlich in alle Richtungen reckten, sowie aus einem in feldgraues Leinen gehüllten Violoncello, das einst dem Professor gehört hatte und seit dessen Ableben nebst Bogen stumm und plump an einer Hakenleiste an der Wand hing.“

Die detailreichen Beschreibungen sowohl der Personen als auch der Orte und Dinge machen mich nach etwa 50 Seiten sehr ungeduldig, Abbruch bei S. 68, mich interessiert das leider nicht weiter. Vielleicht ist es einfach zu heiß und zu schwül für so viel Dichte. Wem fabulierende Texte gefallen, der wird diesen Roman wahrscheinlich toll finden. Mir ist das Ganze manchmal einfach zu Käpt’n Blaubär: „Aus dem dünnen Frühnebel ragte mir eine Ecke des scheinbar verlassenen Gasthofgebäudes entgegen wie ein algenbehangener Schiffsbug. Ich fror mit einemmal unter meinem dünnen Mäntelchen.“

Prognose für den Bewerbstext, wenn er diesem Roman ähnelt: solide, fehlerlos recherchiert, wenig experimentell, leider aber auch sehr ausstaffiert. Durchaus ein möglicher Kandidat für einen Preis, ich sehe die Jury sowas mögen, sie werden sagen, wie schön das erzählt sei und so.

Unklare Physiognomie: eine sandige Kinnlade.

Freundliches Organ: Nase („Seine Nase war ein freundliches, durchaus kräftiges, dabei aber eher abgeplattetes Organ.“)

tddl 2011 [juroren und autoren].

Antonia Baum: Hubert Winkels
Michel Božiković: Hildegard E. Keller
Nina Bußmann: Paul Jandl
Gunther Geltinger: Alain Claude Sulzer
Maja Haderlap: Daniela Strigl
Thomas Klupp: Hubert Winkels
Steffen Popp: Meike Feßmann
Anna Maria Praßler: Burkhard Spinnen
Julya Rabinowich: Daniela Strigl
Leif Randt: Alain Claude Sulzer
Linus Reichlin: Meike Feßmann
Anne Richter: Hildegard E. Keller
Maximilian Steinbeis: Burkhard Spinnen
Daniel Wisser: Paul Jandl

pädagogik paradox.

Autisten-Schule schmeißt autistischen Jungen raus: Es ist nicht das erste Mal, bei Weitem nicht, John hatten sie gar nicht erst genommen, es gibt andere Kinder, die aus den Autistenschulen als unbeschulbar hinausgeworfen und danach in Fürstenwalde bestens beschult wurden. Mir fällt ein Stein vom Herzen, endlich öffentliche Aufmerksamkeit gegenüber der fragwürdigen Praxis des Berliner Landesverbands von „Autismus Deutschland“, Fördergelder einzustreichen und dann die Kinder, für die es diese Fördergelder gibt, nicht zu beschulen. Danke, Christian Füller und danke, Spiegel.

(Es ist merkwürdig zu lesen, wie eine andere Familie genau das gleiche durchmacht, wie wir es hinter uns haben. Ich hatte mit der Mutter letztens lange telefoniert, ihr Kind wird wie John den Weg nach Fürstenwalde gehen.)

tddl 2011 [erste vorbereitungen].

Während Spanien von Deutschland wegen des Rumgurkens enttäuscht ist, bin ich alles andere als enttäuscht von Spanien: die Polizei in Barcelona hat elf Monate nach dem (ungemeldeten, weil erst in Frankreich bemerkten) Diebstahl unserer Kamera selbige bei einer Festnahme inmitten von lauter Diebesgut sichergestellt, sich die Fotos angesehen, auf einem Bild vom Pool entdeckt, dass der Name des Ferienhauses in den Beckenrand eingefliest war, die Besitzer des Ferienhauses in England ergoogelt und ihnen das auf dem Chip gespeicherte Datum des Poolbildes gemailt, die Besitzer machten uns aufgrund des Vermietungszeitraums als Besitzer der Kamera aus, leiteten uns die Mail der Barcelonaer Polizei weiter (gmail-Account, wtf? Ist aber wirklich die Polizei) und nun bekommen wir nach Kommunikation zwischen London, Berlin und Barcelona tatsächlich unsere Kamera samt aller verloren geglaubten Urlaubsbilder zurück. (Ich stelle mir vor, wie die Polizei sich durch 500 Bilder klickt, um irgendwie herauszufinden, wem die Kamera wohl gehören könnte, das ist also Polizeiarbeit, Tatort, take that.)

Aber ich wollte über den Bewerb schreiben, der dieses Jahr unverschämterweise nicht im Juni stattfindet. Man hat ihn in den Juli und damit in die Sommerferien verschoben, wenn ich vollauf mit Johnchenmann beschäftigt bin und keine Zeit für den Bewerb habe.

(Wieder mal eine schöne Frage von Denis Scheck in der letzten Sendung Druckfrisch: „Stören Kinder beim Denken?“ Schade, dass Hannelore Schlaffer keine Kinder hat und die Frage daher nicht beantworten konnte. Katzen stören jedenfalls nicht beim Denken, sagte sie. Das glaube ich gerne, ha.)

Werde ich den Bewerb also dieses Mal ganz sich selbst überlassen? Zuerst dachte ich das, dann aber konnte ich natürlich der Versuchung nicht widerstehen, mir die Autorenliste anzusehen. Die haben dieses Jahr lustige Nachnamen wie Klupp und Popp, unmöglich, das so einfach zu ignorieren! Autoren wurden entwurzelt und umgetopft (Rabinowich) und studierten Theaterwissenschaften (Haderlap), was meinen ehemaligen Dozenten Schwind sofort auf die Palme gebracht hätte, ich sehe ihn vor meinem inneren Auge im Mainzer Philosophicum explodieren: „Es gibt nur eine Theaterwissenschaft! Woher soll dieser Plural kommen? Was sind denn das für verschiedene Wissenschaften? Wer hier meint, er studiere Theaterwissenschaften, der kann gleich nach Hause gehen.“

Unmöglich, den Bewerb ganz sich selbst zu überlassen. Also klickte ich gleich weiter zu Vöbb und suchte mir mein Vorbereitungspaket zusammen, das wird einem durch das Internet heute aber auch alles viel zu leicht gemacht. Die Bibliotheks-Schlagwörter zu Thomas Klupps „Paradiso“ übrigens: Junger Mann ; Reise ; Bindungslosigkeit ; Belletristische Darstellung. Die Inhaltsbeschreibung: Der junge Ich-Erzähler fährt per Anhalter nach München. Auf der Fahrt trifft er Menschen unterschiedlicher Art. Diese Begegnungen sind willkommener Anlass, die eigene unreife Lebens- und Wertewelt auszubreiten.

Habe ich natürlich sofort bestellt, die Ausbreitung unreifer Lebens- und Wertewelten. Das macht der Bewerb mit einem.

Anzahl der Inselschreiber im Bewerb: 1 (Geltinger). Wir werden zur Zeit des Bewerbs auf Texel sein, angeblich mit Internetanschluss, also theoretisch mit Stream-Möglichkeit. Solange ich noch keine inhaltlichen Aussagen treffen kann, ist Geltinger wegen Inselkoinzidenz mein vorläufiger Favorit.

Erste Lektüre nun: „Pascolini“ von Maximilian Steinbeis

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