far from the tree.

Ich lese gerade Far from the Tree von Andrew Solomon. Auf 962 Seiten porträtiert Solomon Familien mit Kindern, die auf die eine oder andere Weise anders sind als ihre Eltern. Die Prämisse des Buches ist, dass Kinder und Eltern in vielerlei Hinsicht ähnliche Erfahrungsgrundlagen haben, vertikale Identitäten, wie Solomon es nennt, und dass sich Veränderungen ergeben, wenn es entscheidende Bereiche gibt, in denen das Wesen sehr unterschiedlich ist, horizontale Identitäten. Das sind im Buch zum Beispiel Gehörlosigkeit, Kleinwüchsigkeit, Down-Syndrom, Autismus, Schizophrenie, Schwerstmehrfachbehinderung, Wunderkinder, Kind nach Vergewaltigung, Transsexualität.

Was für ein Aufwand dahinter stecken muss, all diese Themen zu recherchieren und Familien kennen zu lernen. Solomon umgeht viele Fallen, zum Beispiel sprachlicher Art. Er versteht die Diskurse rund um die Behindertenrechtsbewegung, er hat sich wirklich da rein begeben. Es gibt viel Positives über das Buch zu sagen, aber es gibt auch ein paar Probleme. Jessa Crispin hat geschrieben, dass sie über die Mütter nicht hinwegkommt. Sie seien ihr zu wenig ambivalent, und das geht mir genauso.

Andererseits ist genau das auch ein Problem, das ich beim Schreiben meines eigenen Buches habe. Es ist wahnsinnig schwierig, Ambivalenz auszudrücken, ohne respektlos gegenüber dem Kind zu sein. Mein Agent sagte mir mal, dass die Schwierigkeiten mehr Platz bekommen sollten, weil ich doch im Exposé ausdrücklich sage, ich wolle über beide Seiten schreiben. Das stimmt, aber es ist heikel, weil ich das Schwierige nicht John anlasten möchte. Ich glaube, ich habe in der Zwischenzeit einen Weg gefunden, aber das hat gedauert, und ob es wirklich gelungen ist, kann ich natürlich auch nicht beurteilen.

Es gibt anscheinend, wenn man über horizontale Identitäten nachdenkt, so etwas wie typische Fallstricke, oder typische blinde Flecken. Nicht ohne Grund gibt es bestimmte Narrative, wie die verzweifelte Betroffenheitsliteratur oder umgekehrt die Heile-Welt-Erfolgsgeschichte. Ohne Ambivalenz ist es deutlich einfacher.  

Einen weiteren Punkt, den Jessa nennt, habe ich auch so empfunden: dass Solomon in seiner eigenen Geschichte (seine horizontale Identität ist, dass er schwul ist) Details zu sehr aufbläst, zum Beispiel, dass er als kleiner Junge einen pinkfarbenen Luftballon haben wollte, aber die Mutter ihn dazu überredete, einen blauen zu nehmen. Als er es das erste Mal erzählte, fand ich das interessant. Das Problem ist, dass er das Beispiel immer wieder bringt. Irgendwann denkt man sich: „Get over the balloon, already“, aber das ist natürlich unfair. Offensichtlich ist es ihm so wichtig, dass er es wiederholt erzählt. Das Problem ist ein Hang zur Überbetonung, dem man, glaube ich, ganz leicht erliegt. Zumindest habe ich auch das bei mir selbst bemerkt. Überbetonung wird irgendwann eher kontraproduktiv. Wenn man ständig auf der Andersheit rumreitet, dann erschwert das eine Akzeptanz eher, als es sie erleichtert. Man vergrößert damit ja auch einen imaginären Graben.

Noch ein blinder Fleck, der mir bei mir aufgefallen ist, ist, dass John leicht zu blass bleibt. Weil er nicht spricht und ich nicht weiß, was er denkt und fühlt, ist es schwierig. Ich kann und will ihm nichts in den Mund oder in den Kopf legen, ich kann nur von außen betrachten, meine Beobachtung schildern, versuchen zu verstehen. Das ist manchmal etwas mühsam, glaube ich. Das Problem war am Anfang sehr groß, ich glaube, so langsam bekomme ich das besser in den Griff.

Erstaunliche Dinge ergeben sich beim Schreiben, es gibt so viele unerwartete Aspekte, die tatsächlich auch zurückreflektieren auf meine Wahrnehmung unseres Lebens. Das Buchprojekt hat sich über die Zeit, fünf Jahre arbeite ich nun schon daran, immer wieder verändert. Zwei Jahre lang habe ich fast nur recherchiert und gelesen, und dann dachte ich, ich hätte einen ziemlich guten Überblick über den Autismusdiskurs und habe alles mögliche dazu aufgeschrieben, aber dann funktionierte das irgendwie nicht. Es war erstens mal viel zu akademisch (wahrscheinlich, weil ich dem Schreiben an der Uni noch zu nah war) und außerdem war es mehr oder weniger eine Zusammenfassung des Diskurses. Das war so ein bisschen meh.

Es fehlte auch deutlich das Persönliche, das wurde mir mit der Zeit immer klarer. Ich hatte das alles ja nicht grundlos recherchiert und gelesen und geschrieben, sondern weil es mich zutiefst betrifft. Ich dachte immer mehr, dass es eigentlich feige ist, sich hinter einer totalen Sachperspektive zu verstecken, als behandele man das jetzt mal eben alles ganz distanziert, wissenschaftlich oder journalistisch. Das war es ja nicht. Also schmiss ich alles über den Haufen und nahm das Persönliche rein, und dann stieß ich auf ganz viele Probleme. Wie schnell das nach Jammerei klingt, oder nach Eigenlobhudelei, wie öde viele Themen sind (ich sage nur: Schulsuche), wie schnell man Wertungen vornimmt, wo sie gar nicht gemeint sind. „Man Wertungen vornimmt“? Auch das: wie schwer es ist, im Text ein starkes Ich zu entwickeln, ohne zu viele Ironien oder zu viel Um-den-Brei-Schleichen, weil /man/ nicht sagen möchte, was /man/ denkt. Andererseits natürlich, sobald das Ich im Text stark ist, die Gefahr, dass das in eine zu starke Betroffenheitsperspektive abrutscht.

Jetzt bin ich bei der Halbzeit der englischen Version, doktere an den sieben angeblich fertigen Kapiteln aber ständig noch rum, sobald mir wieder auffällt, wo noch ein Fallstrick liegt. Eigentlich sollte ich das mal in einer Lesegruppe vorstellen und Kritik erbitten, denn alle blinden Flecke kann ich nicht selbst finden, sonst wären sie ja keine blinden Flecke. Wenn jemand eine Idee hat, wo das mit einem englischen Text in Berlin möglich wäre, bitte gerne melden.

Im Großen und Ganzen ist das Buchprojekt mittlerweile, und gerade innerhalb der letzten vier Wochen, viel persönlicher geworden, als ich es gedacht hatte. Ich kann glücklicherweise viel von meinem alten Text einbinden, und trotzdem wird es jetzt ganz anders. Manchmal ist das toll. Manchmal aber auch eher nicht, denn es bleibt natürlich immer die Frage: will ich dies oder das wirklich erzählen. (Da geht es mir wie Caro.) Vielleicht ist es tatsächlich eine ganz gute Schicksalsfügung, dass kein Verlag daran interessiert ist. So als Selbstpublikation und Print-on-Demand ist es auch in der eigenen Wahrnehmung niedriger aufgehängt. (Immer, wenn ich zweifle, weil wir nur Absagen bekommen, sagt Scott: „Who cares, we’re doing this for us.“)

Halbherzig funktioniert es jedenfalls für mein Gefühl nicht. Ich habe kürzlich das Buch Familienstand: Alleinerziehend gelesen. Es gibt kein Ich in dem Buch, und zudem ist alles pseudonymisiert und anonymisiert. Es gibt ein paar Flüchtigkeitsfehler in diesem Prozedere, ein Sohn wird zur Tochter (S. 78), eine Kathrin V. zu Kathrin M. (S. 99), eine Mutter, die in Leipzig wohnt, wird auf Berlin bezogen (S. 105), das ist mir jeweils sofort ins Auge gefallen, weil ich innerlich so sehr damit gehadert habe, dass das so wenig echt oder aufrichtig schien. Außerdem fehlte mir sehr die persönliche Perspektive der Autorin. Natürlich verstehe ich, dass die Mütter sich nicht so exponieren möchten, ganz klar, aber was bleibt dann am Ende? Deshalb und umso mehr weiß ich es zu schätzen, dass sich im Buch von Andrew Solomon die Familien diesem Projekt mit ganzem Herzen zugewendet haben. Das kann nicht einfach gewesen sein, und das respektiere ich sehr.

judging a book by its cover.

„Ich liebe Dich nicht, aber ich möchte es mal können.“ Auf dem Cover steht ansonsten nur der Name der Autorin, Tessa Korber, also denkt man erst einmal intuitiv, sie wäre das Ich. Eine Mutter, die ihr Kind nicht liebt? Aber nein, bei Bayern 2 erzählte Tessa Korber, wie es zu dem nicht als Zitat gekennzeichneten Titel kam: hier wurde ein Gespräch zwischen der Autorin und ihrem autistischen Sohn montiert. Auf die Frage der Mutter, ob er sie liebe, antwortete der Sohn: „Nein, aber ich möchte es mal können.“ So viel zum irreführenden Titel, der mit Tabubruch spielt und dabei auch deutlich auf die längst überholte, aber unterschwellig noch im öffentlichen Bewusstsein verankerte Theorie rekurriert, Autismus entstehe durch Mütter, die sich dem Kind gegenüber emotional kalt verhielten (Stichwort Kühlschrankmutter). Auf doppelte Weise spielt der Titel mit dem Bild der Mutter, die ihr Kind nicht liebt.

Das Cover dunkel, das Kind darauf nackt, verletzlich, ausgeliefert, schutzbedürftig. Das verstärkt das doppelte Spiel des Titels. Alle typischen Stereotypien im Autismus-Porträt werden erfüllt: das Kind ist alleine zu sehen, ohne Interaktion mit der Kamera. Der Gesichtsausdruck im Profil traurig, ins Leere starrend. Dem Betrachter wird der Eindruck von Einsamkeit und Zurückgezogenheit in sich selbst vermittelt, die fotografische Darstellung verstärkt gängige Stereotypien in der Wahrnehmung von Autismus.

Das ist alles so 20. Jahrhundert. Da ist mal eine Autorin, die so etabliert ist, dass ihr ein Publikumsverlag Raum für das Thema Autismus bietet, und dann kommt dabei sowas Klischeehaftes raus. Schade, eine schöne Chance vertan. „Mein Kind ist kaputt gegangen, es ist einfach zerbrochen“, oh je, im Ernst noch 2012 diese – gegenüber dem Wesen des Kindes so respektlose – Rhetorik? Bitte einmal Jim Sinclair lesen, Don’t mourn for us. Bei Ullstein lese ich folgendes Zitat der Mutter und Autorin: „Schon oft habe ich davon geträumt, mit ihm ganz fest im Arm von einem Hochhaus zu springen.“ Wtf? Offensichtlich ist die Mutter überfordert und braucht Hilfe. Leider ist ein Buch zu schreiben nicht immer die richtige Therapie. Ich hoffe, das Kind ist nicht wirklich in Gefahr.

Und dann ist da noch der Trailer: „Wenn Sie ein behindertes Kind haben, hassen Sie unendlich. Das ist tatsächlich so, Sie hassen die Gesunden, Sie hassen die, die es einfach haben und denken, Sie hätten es schwer…“ Ich will das gar nicht weiter zitieren – es ist meistens nicht schön, wenn jemand seiner Missgunst öffentlich freien Lauf lässt – ich würde mir allerdings wirklich wünschen, dass Tessa Korber nicht so pauschalisierend sprechen würde, denn sie sollte sich zumindest bewusst sein, dass sie nur für sich selbst spricht und nicht für andere Eltern behinderter Kinder. Ich habe ein behindertes Kind und hasse nicht: nicht die Gesunden, und auch nicht die, die es einfach haben, sogar nicht einmal den Kinderchor. So geht es nun wirklich nicht.

Gute Rezension im Deutschlandradio.

Und: ganz großartig: A Life Pretty Full of Love. So geht es.

unterwegs sep./okt.

Das Taxi vom Flughafen Sofia in die Innenstadt kostet umgerechnet 5 Euro bei einer Fahrtzeit von einer halben Stunde. In unserem Hotel wird eine Hochzeit gefeiert.

Sheraton Sofia

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In Sofia lief ich in meiner Freizeit stundenlang einfach nur so durch die Straßen, in einer Seitenstraße beobachtete ich zufällig einen Mann, der aus der Haustür trat, seinen Briefkasten öffnete, einen Brief herausholte, sich freute, dann dem Brief einen herzhaften Kuss gab und beglückt damit im Haus verschwand.

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Auf dem Weg von Sofia nach Widin steht in pink an einer grauen Wand geschrieben: „Je suis né pour te connaître.“

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Während ich auf dem Schiff in Rumänien iPod und Laptop synchronisierte, plötzlich gedacht: Angstmaschine: wenn man das Leben synchronisieren könnte.

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Wir fuhren durch das Eiserne Tor, ich saß auf dem Sonnendeck der Amadeus Brilliant, las Twitter und als ich mich abmeldete, erschien die mobile Abmeldungs-URL: twitter /destroy.

Diese kleine Schrecksekunde, bevor der Verstand sich einschaltet und die Wahrnehmung geraderückt. Ich habe Twitter nicht zerstört.

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Belgrad, 2012 immer noch die Ruinen der NATO-Bomben.

Natobomben Ruinen in Belgrad

Unterdessen am Rande der Festung ein erfreulicheres Tauziehen beobachtet.

Tauziehen an der  Festung

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Ungarn, wir fahren durch ein Dorf, in dem die Menschen an den Häusern Chili trocknen.

Chili Trocknen in Ungarn

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Für unsere gehbehinderten Reisenden finden wir überall Aufzüge, selbst in Gebäuden, in denen es angeblich keine gibt, zum Beispiel im Primatialpalais in Bratislava.

[Portrait as the queen of secret hidden service elevators.]

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In Wien wird die Votivkirche renoviert und die Gerüste sind mit sexy Werbung versehen.

Werbung an der Votivkirche Wien

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„Marie Antoinette, you know, the lady with the cake problem in France.“ #stadtführersätze

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„The food on the ship is too salty. In North America, we don’t use salt for cooking anymore.“

Talk about Subjektivität von Wahrnehmung und erstaunliche Statements.

[Mein Feind, das Salz]

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Bis vier Uhr morgens in der Bar versackt und mit ein paar Leuten von der Crew Beatas Geburtstag gefeiert, zuerst noch mit Wein, dann mit selbstgebrautem bulgarischen Apfelschnaps und Karaoke. Morgens um sechs nach zwei Stunden Schlaf raus und ganztags Programm.

[Note to self: geht noch, wenn auch deutlich schwieriger als vor zwanzig Jahren.]

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Zuhause dann: wir haben einen zweiten Fernseher gekauft, damit wir nicht immer mit John diese Schlagersendungen gucken müssen, die er sich so gerne ansieht. Wir schalten ihm also im Schlafzimmer Florian Silbereisens „Herbstfest der Volksmusik“ an, setzen uns ins Wohnzimmer und stellen uns so vor, wir könnten eine DVD gucken, aber John hat natürlich keine Lust, alleine zu gucken, kommt rüber, nimmt meine Hand, zieht mich ins Schlafzimmer, besteht darauf, dass ich mich hinlege, legt sich daneben und schlingt sein Bein um mich, damit ich nicht weggehen kann, giggelt, offensichtlich sehr zufrieden mit seinem Arrangement, und sieht vergnügt fern, Scott kommt irgendwann nach und leistet mir Gesellschaft, und so liegen wir am Samstagabend zu dritt im Bett und gucken Florian Silbereisen.

Fun Fact: sich für das Kind das Herbstfest der Volksmusik in voller Länge mit anzusehen ist einer der größtmöglichen Liebesbeweise überhaupt. Für John, only.

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A propos Liebe, gotta talk about last.fm: Lieben und shuffeln, und geliebte Songs shuffeln, yeah, yeah.

„You wake up and you see that a 55 year-old grandma in Germany was listening to The Beatles until five in the morning. That’s so nice to know. You gotta love last.fm.“

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Entwickelt sich gerade zum großen Liebling: Grizzly Bear, Shields [#]

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„Men might not make women happy here, but left to their own devices, women tend only to make one another unhappy.“ [#]
(Gesehen und gemocht: Please Give)

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Gelesen: … der Wirklichkeit abgewandt. Eine Wissenschaft- und Kulturgeschichte des Autismus von Klaus-Jürgen Neumärker. Mehr Wissenschaftsgeschichte allerdings, weniger Kulturgeschichte. Ein Buch mit vielen interessanten Informationen, aber leider, wie so oft, gibt es auf Englisch eine fundierte und dennoch unterhaltsame Variante (A History of Autism von Adam Feinstein) und das deutsche Buch ist zwar sehr fundiert, aber leider nicht unterhaltsam, sondern ziemlich schlecht geschrieben (viele unnötige Ausrufezeichen!!einself!). Der ehemalige Chefarzt der Kinder- und Jugendpsychiatrie hätte gut daran getan, seinen Text von einem Profi lektorieren zu lassen.

~

Gerade Wissenschaftler scheinen aber in Deutschland gerne der Meinung zu sein, dass sie ohne professionelle Unterstützung selbst gut schreiben oder auch übersetzen können, anders kann ich mir das folgende Fiasko jedenfalls nicht erklären. Im Schloss Cecilienhof in Potsdam gibt es neue Informationstafeln mit englischer Übersetzung und auf fast jeder Tafel sind Fehler, teils richtig heftige Fehler. „Der Krieg schreitet voran“ wird übersetzt mit: „Germany rages war against Europe.“ Zwei Sätze mit unterschiedlicher Gewichtung. Weltpolitik wird lapidar mit „global politics“ übersetzt, wenn im deutschen Original viel mehr eine „world policy“ gemeint ist, und das Schlimmste: wenn auf Deutsch berichtet wird, dass Churchill am Ende die Wahl in England verlor und deshalb in Potsdam durch Attlee ersetzt wurde, steht dort auf Englisch: „Churchill loses at last.“ Wie in: verliert endlich, und mich hat von der Reisegruppe auch tatsächlich jemand gefragt: „Why did they want him to loose? Did the Germans prefer Attlee?“ Ich musste erklären: Nein, auf Deutsch ist der Satz neutral und nicht wertend formuliert. Hier ist nicht gemeint, dass Churchill endlich („at last“) verliert, sondern „in the end.“

~

/Random list of questions/

„My room smells smoky. Can you help me change rooms?“
„My mother-in-law has pneumonia and we might have to fly home. Can you call my travel insurance?“
„Where can I buy nice Bulgarian children’s books close-by?“
„When was the Alexander Nevsky Church built?“
„Which one is the right adapter for Bulgaria?“
„Where on this map are we at the moment?“
„It seems that Hungary has developed faster than Bulgaria or Romania. Why do you think that is?“
„Who is the architect of the CET in Budapest?“
„How much will a taxi from Fisherman’s Bastion to the docking site cost?“
„Where in the palace can I find the famous English tapestries?“
„We hear so much about Franz Joseph, but can you explain a little bit more about Maximilian’s role in Mexico?“
„Who built the organ in St. Stephen’s?“
„What’s the exchange rate of Czech Crowns to the dollar?“
„Can you make a dinner reservation for us at the Bellevue Restaurant in Prague?“
„Where did you buy your purse?“
„I booked my return flight for the wrong day. Can you get an extra night at the hotel for me?“
„I don’t see many birds here. Where are they?“
„I need to see a doctor. Can you go with me?“
„Don’t you think that Tosca last night and Drusilla tonight had to make morally quite similar choices?“
„I can’t get online with my iPhone. Can you figure this out?“
„How many Jewish people live in Berlin today?“
„On which day did Vice President Johnson come to Berlin?“
„Can you talk a little bit about the punitive approach against Germany after World War I as opposed to the Marshall Plan after World War II?“
„Where’s the closest restroom?“
„Does the Schillertheater have artificial reverberation?“

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Alexander Newski Kathedrale Sofia

autisten.

Um 15:45 Uhr heute und morgen früh um 9:00 Uhr zeigt einsfestival die Doku „Autisten“ von Wolfram Seeger. Hoffentlich kommt sie danach in die Mediathek. Sehr empfehlenswert, as in: unbedingt ansehen, bitte. Wirklich. Einen besseren Einblick kann ich mir nicht vorstellen. Es ist natürlich hier und da eine Frage, ob man von Seiten der Betreuer oder Institutionen auch anders mit bestimmten Situationen umgehen könnte, ich habe da schon auch einige Reibungspunkte, aber das ist kleinklein im Gegensatz dazu, wie unglaublich aussagekräftig dieser Film ist: die einfache Begleitung, ohne Kommentare oder Bewertungen, das ist wirklich, wirklich empfehlenswert, ich würde es direkt nochmal betonen, wenn ich es nicht schon mehrfach gesagt hätte. Tut Euch selbst einen Gefallen und seht Euch das an, das lohnt sich jenseits jeglicher Fragen um und über Autismus auch für die Einschätzung des eigenen Lebens. [#]

dispatches from ‚tumorland.‘

Mortality is not the sustained Socratic mediation on the human condition that the title might suggest. It is, rather, made up largely of just this sort of carefully reported, drily ironic dispatches from the sick country (or “Tumorland,” as Hitchens comes to call it) — meticulously recording both the physical symptoms of rapidly encroaching decay, and the feeble human effort to assimilate them into whatever semblance of a recognizably normal life may still remain. At its heart, this slender volume is a prolonged and painful study in cognitive dissonance, as the robust, high-living and (yes) terminally witty Hitchens records the galloping dissolution of his health and consciousness — the two things that humans almost have to take for granted in order to function in any reliable fashion.“
[Chris Lehmann über Christopher Hitchens, Los Angeles Review of Books]

zwölf.

‚Cause every single story
is a story about love
(The Shins/ 40 Mark Strasse)

Light Show im Wohnzimmer

Unsere Wohnung wird zum Club: zum Geburtstag bekommt John einen LED-Lichtprojektor. Wir haben lange überlegt, was wir ihm schenken können, das ist jedes Jahr zum Geburtstag und zu Weihnachten so eine Sache. Aber dann dachten wir uns: er mag Musik und er interessiert sich für visuelle Effekte, also haben wir einen Projektor gekauft, dessen Lichteffekte sich nach Musik richten.

Jetzt testen wir, mit welcher Musik es am besten funktioniert. Schonmal nicht mit der neuen Cat Power, die löst fast nichts aus, The Olivia Tremor Control dagegen zieht ganz gut. Laut Beschreibung ist es am besten, wenn man noch eine Fog Machine dazukauft, das kommt dann vielleicht zu Weihnachten. Nach und nacht mutiert unsere Wohnung zu einem Snoezelraum, warum aber auch nicht.

~

Ein großer Junge, dessen Kinderausweis heute ausläuft, er ist jetzt offiziell kein Tweener mehr, unser Teenager, gestern haben wir im Bürgeramt den ersten richtigen Pass für ihn beantragt. Was ändert sich noch mit zwölf? Damals war das Highlight, dass man mit zwölf im Auto vorne sitzen durfte. Vielleicht probieren wir es mal mit John, allerdings habe ich Bedenken, dass er in die Schaltung oder ins Steuer greift, oder die Tür öffnet, die am Beifahrersitz keine Kindersicherung hat, also vielleicht lieber doch nicht.
Trotzdem: herzlichen Glückwunsch, Großer!

John im Auto

keep your mind set, keep you hair long.

Ein Mann beschwerte sich in der Schweiz darüber, dass die Bordsteine unterschiedlich hohe Kanten haben, das mache das Gehen so gefährlich, und ich dachte an die Frau, die auf der angeblich zu nassen Gangway in Antwerpen umgeknickt war und sich den Knöchel gebrochen hatte, und an die Frau, die nach dem Lunch im Savoy in Berlin die Treppe zur Toilette hinuntergestürzt war, weil das Geländer dort erst bei der dritten Stufe beginnt, und an all die Evaluationsbögen, in denen die Leute das Kopfsteinpflaster überall in Europa bemängeln, und fehlende Klimaanlagen (eine Zumutung, tatsächlich Hitze spüren zu müssen), und je mehr ich mit den amerikanischen Gruppen arbeite, umso mehr nehme ich wahr, wie fast all ihre Kritik darauf hinausläuft, dass sie Standardisierungen der ein oder anderen Form vermissen. Ohne Standardisierung erleben sie sofort Kontrollverlust und Unsicherheit. Die Unebenheit des Kopfsteinpflasters ist auch und vielleicht vor allem ihr philosophischer Feind.
~
Ein Mann sagte: „I’m always happy to see a McDonald’s. Whenever I see a McDonald’s while traveling, I know that civilization has arrived to this place.“
~
Das hört sich jetzt viel schlimmer an, als es war, denn es war tatsächlich toll in der Schweiz, und die Reisegruppe war sehr, sehr nett. Zum Abschied haben sie mir sogar einen iPod Touch geschenkt, mit dem ich nun begeistert fotografiere, Videos aufnehme, Mails checke – und Musik höre.
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Ich weiß jetzt etwas, das ich als Flachlandkind vorher nicht wusste. Oben am Gornergrat habe ich zum ersten Mal den Ruf der Berge gehört, auch wenn man ihn gar nicht hören kann. Ein wortloses Wissen.
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Fast dachte ich, wir sollten in die Schweiz ziehen, aber dann fuhr ich zwei Stunden lang mit dem Fahrrad durch Berlin, eine gerade erst zusammengestellte Compilation im neuen iPod auf dem Ohr, kaufte in der Oranienstraße Tickets für Mina Tindle im Festsaal Kreuzberg und dachte mir: „Who am I kidding?“
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Zuhause: John möchte am liebsten den ganzen Tag auf dem Sofa rumlungern, entweder Chips oder Eis essen und dabei Musik hören beziehungsweise Youtube-Videos ansehen. A teenager is in da house, pünktlich zum 12. Geburtstag nächste Woche.
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Gestern Elternabend in der Schule, alleiniges Thema die Kürzungen. Logopädie und Ergotherapie gibt es jetzt nur noch auf Rezept, die Kosten sind also zum Gesundheitswesen verlagert worden und bald lesen wir dann, wieviel mehr Geld die Krankenkassen für Therapien ausgeben und wundern uns (nicht). Die Musiktherapie wurde gestrichen, die können die Eltern nun selbst bezahlen, wenn sie denn möchten/ können. 4,5 Lehrerstellen sind weg und auch hier wundern wir uns (nicht), wie das zu den Pressemitteilungen passt, das Land Brandenburg habe 800 neue Stellen geschaffen, denn bei dem, was dem Bürger als Einstellungen verkauft wird, handelt es sich in Wirklichkeit nur um Entfristungen, also darum, dass Lehrer, die sowieso schon da waren, feste Verträge bekommen haben. Die übliche Augenwischerei. Neue Lehrer gibt es nicht, und bei den freien Schulen hat man die Anzahl sogar großzügig gekürzt. Warum? Weil die Lehrer für die Inklusion gebraucht werden, die man kostenneutral umsetzen will. Aus dem gleichen Grund soll zum Jahr 2014 die Beschulungszeit um drei Jahre gekürzt werden. Bisher gab es so genannte Werkstufen, die die jungen Erwachsenen zwischen achtzehn und einundzwanzig Jahren besuchen konnten, ab 2014 ist mit achtzehn Schluss. Dann verlassen statt normalerweise circa fünfzehn auf einen Schlag 51 Schüler die Schule. Werkstatt- und Förderplätze gibt es für diesen Ansturm nicht, im Gegenteil: die Werkstattplätze sollen noch gedeckelt werden. Eltern, deren Kind rund um das Jahr 2014 achtzehn wird, können sich schon mal drauf einstellen, dass es für den jungen Mann oder die junge Frau keinen Platz gibt außer im Hotel Mama, die dann wieder aufhören kann zu arbeiten. Aber so werden natürlich auch wieder Lehrerstellen in den Sonderschulen frei, die man für die kostenneutrale Inklusion braucht. Das ist alles politisch so gewollt. Es war von Anfang an klar, dass die Schwächsten und am schwersten Beeinträchtigten am meisten drunter leiden werden, aber das interessiert keinen. Mich interessiert es jetzt auch nicht mehr, ich gewinne am Wochenende einfach im Lotto und baue John irgendwo ganz weit draußen ein Haus, das seinen Bedürfnissen entspricht. Or what?

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