Fünf Jahre ist es schon her, John war zwei Jahre alt und wir gerade gemeinsam mitten in den Wirren der unkontrollierbaren Epilepsie gelandet, da las ich Laura Doermers Buch „Moritz mein Sohn“, den Bericht einer Mutter über ihr Leben mit einem therapieresistent epilepsiekranken Sohn. Ich las das Buch irgendwie mit der Idee, mich auf das vorzubereiten, was auf mich zukommt. Von der Lektüre ist mir vor allem der Anfang im Kopf geblieben, der Einstieg, der mir so hart vorkam: die Mutter sitzt in einer Klinik, während der schon ältere Sohn unter Vollnarkose einer Zahnbehandlung unterzogen wird, und ausgehend von dieser Situation, dass noch nicht einmal eine Zahnbehandlung „normal“ möglich ist, erinnert sich die Mutter rückblickend an den Lebensweg mit ihrem Sohn. Ich weiß noch, dass mich das beim Lesen damals sehr bewegt hat: die Erkenntnis, dass nicht einmal eine Zahnbehandlung ohne Vollnarkose möglich ist. Wow, dachte ich mir damals, wie umfassend anders das Leben sein wird. Ich fragte mich, wie man das mit einer Vollnarkose verbundene Bangen um das Kind wohl immer wieder aushalten können wird, und stellte mir vor, dass einen das schier wahnsinnig machen muss.
Nun sind also fünf Jahre ins Land gezogen, John hat trotz diverser Umstände, die die Anästhesie beeinflussen, schon einige Narkosen gut überstanden, und morgen steht wieder eine an, dieses Mal erstmals zu einer Zahnbehandlung, und darum muss ich an das Leseerlebnis von vor fünf Jahren zurückdenken. Einst mahnte mich diese Schilderung so eindringlich. In der Diskrepanz dazu, wie ich das heute wahrnehme, zeigt sich der Weg, den wir seither beschritten haben, und der von viel Gutem und Positivem zeugt, denn mich macht das alles keineswegs schier wahnsinnig. Natürlich wird es mir mulmig sein, je näher der Eingriff morgen kommt, aber ich weiß auch, dass wir das alles gut überstehen werden, und unnötige Alarmbereitschaft uns überhaupt nichts hilft. Und die Tatsache alleine, dass John für Röntgen, Zahnsteinentfernen und ein Kariesloch füllen eine Vollnarkose braucht, beschäftigt mich überhaupt nicht weiter: so ist das eben, und schlimm ist es nicht, da geht er eben mal einen Tag nicht in die Schule und ich nehme mir einen Tag frei.
Ich erinnere mich noch sehr genau an das Lesen der Eingangspassage in dem Buch, wie ich im Garten meiner Eltern auf der Liege unter der Birke lag, und nebenan plätscherte das Wasser im Teich, und ich war schockiert. Ich erinnere mich daran sehr genau, aber ich nehme das heute alles ganz anders wahr, nicht mehr so tragisch. Wie man auf Gefühle aus der Kindheit zurückblickt, fast so kommt es mir vor, aber es sind nur fünf Jahre.
[Das Buch fand ich damals übrigens schon nicht besonders gut, und kann das aus heutiger Sicht nur bestätigen.]
Ihr werdet dieses wie alles andere vorbildlich meistern, ich war mit meinem Sohn noch nie beim Zahnarzt, er weigert sich standhaft auch nur das Vorzimmer zu betreten. Die Zähne sind o.k., die Zahnklinik kommt regelmäßig in die Schule und da macht er sogar an guten Tagen den Mund auf;-)
Ansonsten wäre ich für Tipps nach einem fähigen Zahndoc für autistische Kinder sehr dankbar.
Wie immer liebe Grüße Doreen
Mein Kind selbst hat auch schon eine Zahnbehandlung unter Vollnarkose hinter sich gebracht. Hinterher ist sie total ausgeflippt, wobei uns gesagt wurde, dass sowas vorkommen kann, weil die Kids noch sehr desorientiert sind. Es war ein sehr komisches Gefühl, sie da so in der Narkose liegen zu sehen. Ich glaube aber auch, dass das menschliche Gehrn negative Assoziationen blockt. Man kann gar nicht anders als zu „wissen“ dass alles gut gehen wird.
Ich drücke euch die Daumen. Ihr schafft das, denn so eine Zahn-OP ist gegen das, was ihr bisher alles gemeistert habt, wirklich ein Klacks.