time warp.

Kreuzberg

Johns innerer Wecker steht in letzter Zeit meistens auf 4:20 Uhr, manchmal auf 2:00 oder 3:00, wenn wir Glück haben auf 5:30 Uhr, aber das weiß man ja nicht vorher, also kann man sich auch nicht drauf freuen und mal länger aufbleiben. Heute hat er nach einer extra-schweren Nacht den Schulbus verpasst, wir mussten ihn später selbst nach Fürstenwalde fahren.

Schlaf in Schüben, jeder Tag ungewiss und jede Nacht sowieso. Wir machen alles mit. Ich bilde mir ein, das sei womöglich das, was John am Dringendsten wissen und spüren muss, wir machen alles mit. Solange er diese Gewissheit hat, hält es ihn einigermaßen in seinem Selbst. Die ganz großen aggressiven Ausbrüche eher dann, wenn er das Gefühl bekommt, es sei eine Grenze erreicht, so bilde ich es mir nach all den Jahren der Beobachtung ein, aber andererseits, was heißt das schon, Beobachtung.

Ich denke immer an dieses Lied von Wir sind Helden: Kannst Du mein Monster halten, hälst Du mich.

Immer noch diese anstrengenden Nächte, als hätten wir ein einjähriges Kind, immer noch dieses Ringen um Verständnis jenseits der Sprache. Verstehst Du mich? Verstehe ich Dich? Zeig mir, was Du willst. Ein Lachen kann ich leicht interpretieren, ein Weinen oft schon viel schwieriger. Warum nur? Es war doch nichts?

Zu heiß? Zu nass? Zu windig? Zu voll? Zu hell? Zu laut? Zu zu zu.
Und dann manchmal, dann passt es und ist genau das, was ihm gefällt.

Landwehrkanal

Immer noch ein Leben, das so oft in den Basisbedürfnissen verharrt, eat, sleep, poop. Gefangen in diesem Zeittunnel, in dem John irgendwie sein Leben lang ein Jahr alt bleibt, in vielerlei Hinsicht, und in anderer wiederum überhaupt nicht. Das einjährige Kind mit Schuhgröße 43 und 70 kg, die erstmal gewickelt werden wollen.

Sagte ich, wir blickten zuversichtlich in die Zukunft, wäre das wahr.
Sagte ich, wir blickten ängstlich in die Zukunft, wäre das auch wahr.

Sagte ich, die letzten elf Jahre seien wie im Flug vergangen, wäre das wahr.
Sagte ich, die letzten elf Jahre seien sehr statisch gewesen, wäre das auch wahr.

Sagte ich, ich hätte es nicht anders gewollt, wäre das wahr.
Sagte ich, ich hätte es mir leichter vorstellen können, wäre das auch wahr.

Sagte ich, ich sei unglaublich dankbar, wäre das wahr.
Sagte ich, ich sei erschöpft, wäre das auch wahr.

Krumme Lanke zugefroren

Schlitten auf der Krummen Lanke

Sagte ich, ich wolle jetzt lieber mal nichts tun und alleine sein, wäre das wahr.
Sagte ich, ich wolle nur mit John und unterwegs sein, wäre das auch wahr.

Am Wochenende die ganze Zeit draußen gewesen, auf dem zugefrorenen Landwehrkanal und auf der Krummen Lanke. Wie sehr sich John gefreut hat, auf seinem geliebten Schlitten gezogen zu werden, er wollte gar nicht runter vom Eis, immer wieder nochmal rauf, und nochmal.

John auf dem Schlitten

 Sagte ich, es würde immer leichter, wäre das wahr.
Sagte ich, es würde immer schwerer, wäre das auch wahr.

2 thoughts on “time warp.

  1. Antworten
    excellensa - 14. Februar 2012

    .
    (Ein grossartiger Text)
    excellensa

  2. Antworten
    jacqui - 21. Februar 2012

    … ^_^

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