t4.

Wir sind froh, dass die Bushaltestelle und Wendeschleife in der Tiergartenstraße 4 endlich durch eine Gedenkstätte an die Euthanasie-Opfer ersetzt wurde. 2008 war kurz die temporäre Ausstellung der Grauen Busse dort, das hatte gut getan, nun hat es noch einmal sechs Jahre gedauert. Wenn man sich das überlegt, bald 70 Jahre später.

T4 Gedenken

Aber immerhin, jetzt sind wir froh. Und viele andere auch, wie wir bei unserem Besuch gemerkt haben: Es waren viele Menschen dort, auch mit verschiedenen Behinderungen, und es war, wenn man an einem solchen Ort davon sprechen kann, eine angenehme Atmosphäre. John war laut und wälzte sich auf dem Rasen, aber keiner hat gestarrt, Menschen haben uns angelächelt. Es hat mich ein bisschen daran erinnert, wie ich einmal mit John auf einer Reha-Messe war, auf der fast nur Menschen mit Behinderungen und ihre Angehörigen waren. Große Hallen, viele Menschen, und doch waren wir ein Teil des Ganzen und stachen nicht permanent heraus, wurden nicht kritisch angestarrt. Dieses Gefühl, „Teil des Ganzen“ zu sein, das kennen wir sonst leider eben nicht.

An der T4-Gedenkstätte war es auch so, da standen wir unter vielen Menschen auch endlich mal nicht zur Disposition der kritischen Betrachtung. Das ist einerseits traurig, denn es wäre schön, wenn wir nicht auf eine Reha-Messe oder zu einer Euthanasie-Gedenkstätte gehen müssten, um nicht angestarrt zu werden, andererseits ist es aber auch ein beruhigendes Gefühl, dass wir heute ausgerechnet an der Tiergartenstraße 4 eine Art Refugium haben. Wenn das diejenigen wüssten, die vor 70 Jahren dort die Vernichtung organisiert haben.

Dass die Ressentiments der älteren Generation teilweise durchaus noch vorhanden sind, sah man in der Reportage Die vergessenen Kinder von Leipzig, die heute im rbb lief. Da spricht eine 93-jährige Frau noch heute von Material, wenn sie die Kinder meint, die in die Klinik geliefert wurden. Das ist ein erschreckendes Interview. Das Thema der Euthanasie findet in letzter Zeit aber mehr öffentliche Anerkennung, habe ich das Gefühl. Zuletzt ja auch in einer Ausstellung in der Topographie des Terrors: Erfasst, verfolgt, vernichtet. Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus. Ich bin schon gespannt auf das Gedenkbuch über Pirna-Sonnenstein. Es tut sich was, und das tut gut.

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